Interventionen für einen Privatklinik-Betreiber führten zu Ermittlungen gegen Heinz-Christian Strache (Mitte): Nun stellt sich die Frage, was die ÖVP-Regierungsmitglieder und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (rechts) wussten.

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Hat Heinz-Christian Strache (HC) als Vizekanzler wegen privater Geschenke dafür gekämpft, dass die Privatklinik Währing öffentliche Gelder erhält? Dieser Frage geht derzeit die Staatsanwaltschaft nach, es gilt die Unschuldsvermutung. Das Verfahren, das seinen Ursprung in abgehörten Telefonaten von FPÖ-Mitarbeitern hat, wurde lange geheim gehalten; am Samstag berichtete die Presse über die weit fortgeschrittene Aktenlage.

Die gesetzliche Ausgangslage war relativ simpel: Privatspitäler können über den sogenannten Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, kurz Prikraf, Leistungen verrechnen. Welche Krankenhäuser das dürfen, ist gesetzlich festgelegt. Diese Gesundheitsbetriebe schließen dann einen Vertrag mit dem Hauptverband und dem Fachverband der Gesundheitsbetriebe ab.

Die politische Ausgangslage: Obmann des Fachverbands ist Julian Hadschieff, Manager der Premiqamed, die vier Spitäler betreibt und mehrfach an die ÖVP spendete. Sie ist eine hundertprozentige Tochter der Uniqa-Versicherung, die der ehemalige Arbeitgeber des türkis-blauen Finanzministers Hartwig Löger (ÖVP) war.

Öffentlicher und nicht-öffentlicher Druck

In der Schlussphase der großen Koalition wandte sich Walter Grubmüller, Betreiber der Privatklinik Währing, an seinen "langjährigen Freund" Heinz-Christian Strache, damals FPÖ-Chef. Der machte Anfang 2017 öffentlich Druck, damit die Aufnahme der Privatklinik in den Prikraf klappt. Die werde von Hadschieff blockiert, behauptete Grubmüller schon 2016. FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein brachte auch einen dementsprechenden Antrag im Nationalrat ein. Während der Koalitionsverhandlungen im Herbst 2017 hielten Grubmüller und Strache intensiven SMS-Kontakt. Letzterer setzte sich auch als Vizekanzler für die Privatklinik ein, wo mittlerweile der Schönheitschirurg Artur Worseg residierte.

Es dauerte noch ein Jahr, bis Türkis-Blau die Kassenreform und die Erhöhung des Prikraf samt Aufnahme der Privatklinik Währing im Parlament beschließen konnte.

Nun ist, wie schon bei den Casinos-Ermittlungen, die große Frage, welche Absprachen im Hintergrund liefen. Wie Recherchen von STANDARD, ORF und Profil zeigen, belegen E-Mails, dass Hadschieff Gespräche mit Strache geführt hat, die er dann "mit Kanzleramtsminister Gernot Blümel und Finanzminister Hartwig Löger" abstimmte. Hadschieff sagt dazu, dass die Aufnahme weiterer Krankenhäuser in den Prikraf nur bei dessen Erhöhung möglich gewesen sei – das habe er als Interessenvertreter auch öffentlich kommuniziert. Er verweist darauf, dass das auch bei der Aufnahme der Klinik Wörgl so gewesen sei. Aus dem Finanzministerium, also früher Lögers, heute Blümels Ressort, heißt es: "Die Reform des Prikraf und die Aufnahme der Privatklinik Währing fand auf Betreiben des FPÖ-geführten und zuständigen Gesundheitsministeriums statt. In der Sache war es eine Umsetzung des Regierungsprogramms". Mögliche Korruption müsse aber durch die Staatsanwaltschaft aufgeklärt werden. ÖVP-Vertreter seien nie von Grubmüller eingeladen worden, das sei "absurd", so das Ressort. Lögers Anwalt sagt, sein Mandant kenne Grubmüller persönlich nicht.

Und was wusste Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ)? In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung sagte sie: "Die Aufnahme der Privatklinik Währing in den Prikraf ist nicht auf eine verstärkte Initiative des Vizekanzlers zurückzuführen." Die Ermittlungen zeigen ein konträres Bild. Auf eine Anfrage reagierte Hartinger-Klein nicht.

"Persönlich kümmern"

Ebenfalls in die Affäre involviert: der FPÖ-Politiker Matthias Krenn, seit 2010 Vorstandsmitglied des Hauptverbands, seit April 2019 Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse. Strache schrieb ihm: "Walter Grubmüller ... er ist ein sehr lieber Freund und sehr vermögend. Braucht noch die zugesagte Prikraf/Genehmigung!" Krenn antwortet: "Werde mich persönlich um sein Anliegen kümmern." Später berichtet er von einem Treffen mit Hadschieff zum Thema. Krenn sagt, er kam dazu "wie die Jungfrau zum Kind". Er sei gar nicht zuständig gewesen. Aber auch nach seinem Rücktritt wegen des Ibiza-Videos lobbyiert Strache noch für Grubmüller.

Die beiden bestreiten jegliche Korruption. Kolportierte Flüge hätten entweder nicht stattgefunden oder seien von Strache selbst bezahlt worden. (Fabian Schmid, 2.6.2020)