Ein Blick in das Schutzmaskengeschäft.

Foto: Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Schutzmasken mit hohen Qualitätsstandards waren zuletzt Mangelware. Ein Shopbetreiber steht unter Verdacht, Mangelware verkauft zu haben.

Foto: APA/AFP/ALEX HALADA

Sie galten als Retter während des Schutzmaskenengpasses für Privatpersonen ebenso wie für manche öffentliche Stellen. Mitten in der Pandemie, als ganze Staaten den internationalen Markt abgrasten, als Lieferungen von bewaffneten Securitykräften begleitet und Geldkoffer den Besitzer wechselten, wurden auf der Website atemschutzmaske.at und in zwei zugehörigen Pop-up-Stores in Wien Masken verkauft, als wären sie Klopapier.

In diesen Pop-up-Geschäften hat die Polizei am Mittwochvormittag auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Hausdurchsuchungen durchgeführt. Der Hintergrund: eine Anzeige wegen gewerbsmäßigen Betrugs. Eine Privatperson hatte sich mit dem Hinweis ans Gesundheitsministerium gewandt, dass dort offenbar überteuerte FFP3-Schutzmasken verkauft würden, das Ministerium rief die Stadt Wien auf den Plan, heißt es von der Magistratsdirektion. Das Magistratische Bezirksamt startete eine Überprüfung und wandte sich an die Staatsanwaltschaft. Ermittelt wird nun gegen einen Beschuldigten. Für gewerbsmäßigen Betrug ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorgesehen, für gewerbsmäßigen schweren Betrug bis zu fünf Jahre. Laut Polizei wurden diverse Gegenstände und dutzende Schachteln mit Masken sichergestellt.

Tests nicht bestanden

Offenbar waren einige der Masken, die im Shop verkauft wurden, nicht ausreichend zertifiziert. Auch von gewerberechtlichen Problemen ist die Rede. Schon vergangene Woche berichtete die Rechercheplattform Addendum, dass eine im Shop gekaufte FFP3-Maske bei einer Überprüfung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) durchgefallen sei. Die Abweichung soll so groß gewesen sein, dass das Produkt eine umfangreiche Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht bestehen würde, konstatierte das BEV.

Besonders brisant: Nicht nur Privatpersonen, auch staatliche Stellen, Seniorenheime und NGOs sollen Masken von dem Händler bekommen haben. So hat etwa die Wiener Universitätszahnklinik im April 5.000 Masken gekauft, wie sie dem STANDARD bestätigt. Es habe sich dabei um eine "einmalige Bestellung gehandelt", betont ein Sprecher, und um eine kleine noch dazu, immerhin habe man seit Beginn der Pandemie 400.000 Masken gekauft. Außerdem habe man ein Sicherheitszertifikat dazubekommen, "Schwierigkeiten" habe es keine gegeben. Dennoch stoppte man am Mittwoch die Ausgabe der Masken.

Die niederösterreichische Landesgesundheitsagentur bestätigt ebenfalls, 25.000 FFP2-Masken mit Ventil dort gekauft zu haben. Jede Charge sei getestet worden, dafür gebe es auch einen positiven Prüfbericht, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem STANDARD: "Sie hatten also keine Mängel." Man habe aber nicht vor, "hier wieder in eine Geschäftsbeziehung einzutreten". Da sie bereits vor "etlichen Wochen" eingesetzt wurden, gehe man davon aus, dass sie bereits aufgebraucht seien. Addendum berichtet außerdem von der Bestellung eines niederösterreichischen Pflege- und Betreuungszentrums.

Ministerium hat nicht bestellt

Vom Gesundheitsministerium wurden dort keine Bestellungen geordert, sagt eine Sprecherin. Ob andere öffentliche Stellen in den Ländern dort bestellt haben, könne man aber nicht sagen.

Mehrere andere Stellen, die ebenfalls großen Bedarf an Masken hatten, verneinen gegenüber dem STANDARD, bei dem Maskenhändler Ware bestellt zu haben, darunter etwa das Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser, der Wiener Gesundheitsverbund (vormals KAV), die Caritas, die Volkshilfe und das Hilfswerk.

Auch das Rote Kreuz verneint eine Bestellung – das wiederum hat seine eigene Vorgeschichte mit dem Maskenanbieter: Noch Mitte April schien nämlich dessen Logo auf der Shop-Website als Partner auf. Ein Sprecher des Roten Kreuzes betont: Man habe dort weder gekauft noch etwas geliefert bekommen. Über Dritte habe man von der eigenen Website-Präsenz erfahren, "jetzt beschäftigt sich die Rechtsabteilung damit", heißt es. (Vanessa Gaigg, Gabriele Scherndl, 3.6.2020)