Werner Kogler weiß, worum es geht. Denn ohne Grund lehnt sich der grüne Vizekanzler nicht so weit aus dem Fenster. Am Mittwoch setzte er auf den Vorstoß der türkisen Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses noch eins drauf: Dieses Jahr noch wollen die Grünen ein allumfassendes Transparenzpaket durchbringen, mit Informationsfreiheit, Einsicht in die Parteikassen und schärferen Waffen zur Korruptionsbekämpfung. Kogler weiß: Das muss er jetzt durchbringen, um den letzten Rest an grüner Glaubwürdigkeit zu retten.

Denn die einzigen Spuren, die die Grünen im sonst sehr türkisen Regierungsprogramm hinterlassen haben, finden sich im Klima- und im Transparenzkapitel. Dass die Grünen das Ende des Amtsgeheimnisses als ihren Verhandlungserfolg sehen, zeigt auch, dass es da einen gewissen Widerstand beim Koalitionspartner geben wird. Wäre der gläserne Staat der Volkspartei besonders wichtig, hätte sie ihn in den 34 Jahren, die sie jetzt fast durchgehend regiert, wohl umgesetzt.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Umso mehr muss das von Kogler angekündigte Paket tatsächlich noch in diesem Jahr umgesetzt werden – und alle Stückeln spielen. Ein schwammiges Recht auf Auskunft gibt es jetzt auch schon, das Wort "Amtsgeheimnis" aus der Verfassung zu streichen, wird nicht reichen. Bürger, NGOs und Journalisten brauchen schnellen und effektiven Zugang zu Informationen staatlicher Stellen.

Die Grünen dürfen sich also von der ÖVP erstens keine langen Fristen für Anfragebeantwortungen ins Gesetz reklamieren lassen. Ein moderner Staat muss in der Lage sein, innerhalb von einem Monat seinen Bürgern befriedigende Antworten auf ihre Fragen zu geben. Zweitens darf man das Informationsfreiheitsgesetz nicht durch großzügige Ausnahmeregelungen ad absurdum führen: Im Gespräch ist etwa, dass "mutwillig" gestellte Fragen ohne "echtes" Interesse nicht beantwortet werden müssen. Doch gibt man Ämtern die Option, Fragestellern Querulantentum zu unterstellen, werden sie sie nutzen.

Kogler hat also einiges zu erkämpfen. Er spielt dabei auf Risiko. Fällt das türkis-grüne Transparenzpaket am Ende allzu schwammig aus, werden sich viele Wähler fragen, was eine grüne Regierungsbeteiligung überhaupt bringt. Nur wenn es wirklich schlagkräftig ist, können die Grünen einen Erfolg für sich verbuchen. (Sebastian Fellner, 4.6.2020)