Christine Aschbacher hat einen kapitalen Bock geschossen. Und die Ministerin erkennt es nicht einmal. Erst einem Baby fotogen für die "Krone" ein paar Hunderter zu überreichen, dann zu behaupten, dies sei eine Frage unterschiedlicher Geschmäcker – und am Ende diesem Baby die Schuld zu geben, weil es zugegriffen habe ... das alles ist kein Beispiel für geglückte politische Kommunikation. Zu Recht wurde Aschbacher dafür in klassischen und sozialen Medien rauf und runter kritisiert. Dass aber da wie dort immer häufiger auf die intellektuelle Kapazität der Ministerin angespielt wird, ja, dass sie übel verhöhnt wird, ist eine klare Grenzüberschreitung.

Es ist simpel und ein gängiges Klischee, Frauen sofort als ungeeignet für eine Aufgabe abzustempeln, wenn sie einen Fehler begehen. Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, können ein Lied davon singen. "Sprechpuppen" oder "Kommunikationsmaschinen" seien die türkisen Ministerinnen, heißt es etwa. Von dieser Etikettierung ist es nicht weit zur Unterstellung, sie seien nicht besonders gescheit.

Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP).
Foto: APA/BKA/ANDY WENZEL

Einem Mann passiert so etwas eher nicht. Als etwa Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer vor kurzem mit der Magnumflasche wedelte, war das auch kein Paradebeispiel für politischen Hausverstand. Mahrer musste sich dafür maximal als "ungeschickt" oder "unsensibel" bezeichnen lassen.

Das ist weder ein Aufruf, künftig auch männliche Politiker wüster zu beschimpfen, noch eine Liebeserklärung an die türkise Ministerinnenriege. Was diese Frauen – und einige ihrer männlichen Kollegen – verbindet, ist ein eklatanter Mangel an emanzipiertem Verhalten. Das ist schlimm genug.

Emanzipierte Menschen nehmen für sich in Anspruch, ihren eigenen Kopf zu bewahren, und sie umgeben sich, als Chefs, mit Menschen, die ihnen widersprechen. Emanzipierte Menschen in Ministersesseln nehmen etwa für sich in Anspruch, ihre Politik und ihre Öffentlichkeitsarbeit selbst zu gestalten. Emanzipierte Menschen sind nicht übereifrig in ihren Loyalitätsbekundungen. Sie gehen ihren Weg. Nur so ist gute Politik, gute Arbeit überhaupt, möglich – aus einem Diskurs, einem Abwägen unterschiedlicher Gedanken heraus. Welche Folgen es hat, wenn diese schöne Tugend unterentwickelt ist, kann man gerade daran bestaunen, wie dünnhäutig man in der ÖVP auf Kritik und Kritiker an den Corona-Nothilfen reagiert. Das kommt dabei heraus, wenn Widerspruch nicht nur als unerwünscht, sondern auch als unbotmäßig gilt. (Petra Stuiber, 3.6.2020)