Für Mitarbeiter der Lauda-Basis in Wien hieß es zuletzt zittern. Mehrmals hatte die Geschäftsführung gedroht, die Basis zu schließen.

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Wien – Am Ende hat es doch gereicht. Beim Kollektivvertrag für die Ryanair-Tochter Laudamotion ist eine Einigung erzielt worden – in der Nacht auf Donnerstag haben sich die Sozialpartner darauf verständigt. Laudamotion habe wesentliche Nachbesserungen geleistet, erklärt der eine Teil der Verhandler, die Wirtschaftskammer (WKO), in einer Aussendung. Der hohe Einsatz der vergangenen Tage habe sich ausgezahlt. "Jetzt wäre es wichtig, dass das Unternehmen diesen Kollektivvertrag umsetzt, damit die Basis Wien und damit auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder eine Perspektive haben", so Manfred Handerek, Geschäftsführer der Berufsgruppe Luftfahrt in der WKO. Ein Ultimatum setze man der Lauda-Mutter aber nicht, sagt Vida-Verhandler Daniel Liebhart in Anspielung auf deren zahlreiche Drohungen gegen Wien.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Vida, Roman Hebenstreit, bestätigte die Einigung Donnerstagfrüh gegenüber dem STANDARD. Die Lösung: Das monatliche Fixum für Flugbegleiterinnen beträgt künftig 1.440 Euro, 14-mal im Jahr. Co-Piloten bekommen 2.000 Euro im Monat. Bei den Gehältern der Flugbegleiter sei man – gegenüber dem Start der Verhandlungen – um 44 Prozent höher gelandet, bei den Co-Piloten um 18 Prozent, rechnet der Gewerkschafter vor.

Zustimmung und Abstimmung

Am späten Vormittag hat dann auch die Geschäftsführung von Laudamotion in einem Schreiben an Vida und WKO die Vereinbarung insofern abgesegnet, als man um Unterschrift der Sozialpartner unter die Abmachung bat. Man werde dann die Mitarbeiter (fliegendes Personal) informieren und sie um Zustimmung per Mail bitten, das soll laut dem Schreiben übers Wochenende geschehen.

Vida-Vorsitzender Hebenstreit zur Einigung: "Nichts zum Jubeln, aber mehr war nicht drin." Alle Passagen im Kollektivvertrag, die in den Augen der Vida gesetzeswidrig gewesen wären, seien weggefallen. Diese "Krisenvereinbarung" gilt für zwei Jahre, sowohl für die Lauda-Beschäftigten als auch für die bei Crewlink unter Vertrag stehenden Leiharbeiter, solange sie bei Lauda im Einsatz sind.

Noch ein Anlauf

Die Vida und die WKO hatten am frühen Mittwochabend noch einmal einen Anlauf in Sachen Verhandlungen unternommen – nachdem Laudamotion bereits wiederholt erklärt hatte, nun sei Schluss, die Basis Wien werde geschlossen.

Zuletzt schienen die Gräben zwischen Vida und Wirtschaftskammer schier unüberbrückbar, auch wenn man einander in einigen Punkte nähergekommen war. Bei den Flugbegleitern etwa hatte die Gewerkschaft einer Lohnkürzung um zehn Prozent zugestimmt. Der Knackpunkt war aber – wie berichtet – das Einstiegsbasisgehalt (ohne Flugstunden). Ryanair besserte zuletzt auf ein garantiert auszuzahlendes Jahresgehalt von 19.200 Euro brutto (monatlich 1.371) auf und argumentierte, es liege um 65 Euro über der von der Vida als Knackpunkt genannten Armutsgrenze, die Vida forderte 20.160 Euro brutto (1.440 monatlich). Das wurde nun erreicht. Gerechnet auf zwölf Auszahlungen im Jahr kommen Flugbegleiter laut neuem KV auf ein Fixum von 1.680 Euro brutto im Monat.

Ryanair wartet mit Wien-Schließung zu

In einem Schreiben an die Mitarbeiter teilten die Laudamotion-Chefs Andreas Gruber und David O'Brien am Donnerstag mit, dass auch Ryanair-CEO Eddie Wilson zugestimmt habe, die eigentlich für Donnerstag geplante Pressekonferenz auf Anfang nächster Woche zu verschieben. Bis dahin sollen die Mitarbeiter abstimmen.

Die Geschäftsführung betonte, dass die Vida den von Laudamotion vorgeschlagenen KV unterzeichnen werde – aber eben jenen mit den neuen Zahlen. Kapitäne werden demnach auf 300 Euro Gehalt verzichten, zugunsten der Co-Piloten. Sollte die Vida nicht unterschreiben und/oder die Crew nicht für den KV stimmen, werde man die Schließung der Wien-Basis fortsetzen.

Fix oder leistungsabhängig

Streitpunkt war unter anderem der Umstand, dass die Differenz zwischen dem tatsächlichen Gehalt und dem genannten Jahresgehalt von 19.200 Euro nach dem Willen von Lauda im Nachhinein ausgezahlt werden sollte, wenn das Einkommen samt Zulagen und Zubrot aus dem Bordverkauf unterhalb dieser Grenze zu liegen komme. Die Vida sprach von einem monatlich garantierten Fixum von 1.000 Euro, das sei nicht akzeptabel.

Bei normalem Flugbetrieb würden die Gehälter auf ein durchschnittliches Bruttomindestgehalt von rund 1.800 Euro im Monat steigen, also bei 14 Monatsgehältern 25.000 Euro jährlich ausmachen, lautete hingegen das Argument der Arbeitgeber. Auch bei den Piloten war man nicht auf einer Linie. Ob die Kapitäne über eine Gehaltsreduktion um 30 Prozent hinaus noch einen kleinen Teil ihres Jahresgehalts an die schlechter bezahlten Co-Piloten abgeben sollten, darüber herrschte bis zuletzt keine Einigkeit.

Wiederholte Drohung

Die Ryanair-Tochter hatte am Dienstag ihr Ultimatum bereits ein drittes Mal verlängert und gleichzeitig erklärt, weiteren Verbesserungen nicht zuzustimmen. Sollte die Vida den KV nicht – wie bereits davor die Wirtschaftskammer – unterschreiben, werde die Lauda-Basis in Wien mit rund 500 Mitarbeitern geschlossen.

Die 300 betroffenen Piloten und Flugbegleiter wurden jedenfalls beim AMS von der Kurzarbeit ab- und zur Kündigung angemeldet. Das gilt auch für die 70 Angestellten der Lauda-Zentrale sowie 200 Crewlink-Leiharbeiter.

Vida will Branchen-KV

Die Vida will weiterhin die Erarbeitung eines Branchen-KV. Zudem müsse es Regelungen geben wie Mindestticketpreise – und dazu brauche es einen "Kraftakt der Regierung", so Gewerkschafter Hebenstreit.

Ob das für die Belegschaft einer Billigairline wie Ryanair etwas ändern würden, ist offen. Ryanair-Boss Michael O'Leary hat ganz abgesehen von solchen Aussichten wiederholt gedroht, ohne Lauda ab Juli die Flüge ab Wien durchzuführen. Die drei in Wien stationierten Ryanair-Boeings und 15 weitere Maschinen aus anderen Ryanair-Basen würden dann ab Wien 64 Destinationen in 23 Ländern bedienen. Dem Vernehmen nach soll es allerdings keineswegs gesichert sein, dass Ryanair die Slots der Laudamotion einfach übernehmen könnte. Dennoch: Einen entsprechenden Flugplan und die zugehörige Presseerklärung gab es bereits. Eine virtuelle Pressekonferenz hatte Ryanair für Donnerstagvormittag anberaumt, diese wurde mittlerweile abgesagt. (Regina Bruckner, Renate Graber, 4.6.2020)