Der Treibstoff ist in den Ambarnaja-Fluss gelangt.

Foto: Handout / Marine Rescue Service / AFP

Moskau – Nach einem verheerenden Ölunfall in einem sibirischen Kraftwerk hat Russlands Präsident Wladimir Putin den nationalen Notstand ausgerufen und den Chef des Kraftwerksbetreibers NTEK scharf angegriffen. "Wie kann es sein, dass die Regierung erst zwei Tage später davon erfahren hat?", fragte Putin bei einer im Fernsehen übertragenen Videokonferenz am Mittwoch.

Bei dem Unglück waren am Freitag mehr als 20.000 Tonnen Diesel in einen Fluss geströmt. Der Notstand sei erforderlich, um mehr Ressourcen für die Aufräumarbeiten bereitzustellen, sagte Putin. An den Kraftwerksbetreiber richtete sich der Kreml-Chef in ungewöhnlich scharfem Ton. "Sollten wir über die Notsituation aus den sozialen Medien erfahren? Geht es Ihnen dort noch gut?", fragte Putin.

Videos im Netz

Das Bergbauunternehmen Norilsk Nickel, zu dem NTEK gehört, teilte mit, man habe den Vorfall "rechtzeitig und korrekt" berichtet. Der Gouverneur der Region Krasnojarsk sagte nach Angaben Putins dagegen, er habe von dem Vorfall erst am Sonntag erfahren, nachdem im Internet Videos des verschmutzten Flusses aufgetaucht waren.

Die russische Staatsanwaltschaft nahm in dem Fall Ermittlungen auf. Ein Mitarbeiter des Wärmekraftwerks wurde der Staatsanwaltschaft zufolge festgenommen.

Die Umweltschutzorganisation WWF erklärte, sie habe Alarm geschlagen, nachdem sie aus eigenen Quellen von dem Unglück erfahren hatte. Auf vom WWF veröffentlichten Satellitenbildern sowie in den Onlinenetzwerken verbreiteten Videos war die Verschmutzung des Ambarnaja-Fluss deutlich zu sehen. "Es handelt sich um enorme Mengen. Es war schwierig für sie, das zu vertuschen", sagte WWF-Sprecher Alexej Knischnikow der Nachrichtenagentur AFP.

Verbrennen keine Option

Die Aufräumarbeiten werden zusätzlich erschwert, weil der verschmutzte Ambarnaja-Fluss zu flach sei, um Lastkähne zu benutzen und der Ort nicht über Straßen zu erreichen sei, teilten die Behörden mit. Ein Verbrennen des Diesels hält Russlands Umweltminister Dmitry Kobylkin für zu gefährlich: "So ein großes Feuer wäre ein großes Problem in dieser Region", sagte er. Nach Angaben der russischen Umweltaufsicht wurde durch den Unfall kein Grundwasser verseucht.

Bereits vor vier Jahren war es in einem von Norilsk Nickel betriebenen Werk zu einem Schadstoffunfall gekommen, bei dem ein anderer Fluss in der Region massiv verschmutzt wurde. Gegen den Konzern wurde damals eine Geldstrafe von umgerechnet weniger als tausend Euro verhängt. (APA, 3.6.2020)