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Pflanzen, die auf ihre Tauglichkeit als Energielieferanten getestet werden, gibt es sonder Zahl – hier im Bild etwa Pfahlrohr.
Foto: Allen Breed/AP/dapd

Zu welchem Anteil kann die Nutzung von Biomasse die von fossilen Brennstoffen ersetzen? Der Tenor einer aktuellen Studie österreichischer Forscher, die im Fachjournal "Environmental Research Letters" veröffentlicht wurde, ist eher skeptisch. Das Team um Erstautor Gerald Kalt von der Universität für Bodenkultur in Wien sieht Biomasse als überschätzte Ressource.

Die Grundidee

Wenn wir den Energiebedarf unserer Gesellschaft zumindest zum Teil durch das Verbrennen landwirtschaftlicher Biomasse anstatt von Kohle, Öl und Erdgas decken könnten, hätte das positive Auswirkungen auf die Treibhausbilanz – so die Idee, die etwa auch hinter der Beimischung von Biodiesel steckt. Wie groß das Potenzial solcher Ansätze aber tatsächlich sein kann, ist Gegenstand anhaltender Diskussionen.

Denn der Anbau von Pflanzen nur zur Energiegewinnung und nicht etwa zum Verzehr – sogenannte Energiepflanzen – ist umstritten. Die dafür benötigten Anbauflächen müssten etwa durch Abholzung von Regenwäldern gewonnen werden – oder der Anbau von Energiepflanzen geht zu Lasten solcher, die als Nahrunglieferanten gebraucht werden.

Zahlenspiele

Wissenschafter vom Boku-Institut für Soziale Ökologie haben nun Modelle erstellt, die eine Reihe von Faktoren einbezogen: Nachfrage und Produktion, die Veränderungen von Anbauflächen, der Treibhausgasausstoß der Landwirtschaft unter verschiedenen Bedingungen und schließlich die Frage, welche Biomasse-Mengen zur Energiegewinnung jeweils genutzt werden könnten.

Aufpassen müsste man etwa auf negative Effekte: So kann verstärktes Düngen die Emissionen erhöhen, so die Forscher. Beim Blick auf die Treibhausgasbilanz wäre die Nutzung von Jauche in Biogasanlagen von Vorteil, weil Emissionen der Treibhausgase Methan- und Lachgas großteils verhindert werden können. Das globale Potenzial zur Energiegewinnung liege hier bei rund fünf Exajoule (fünf Trillionen Joule) pro Jahr. Zum Vergleich: Österreichs Energieverbrauch allein lag 2017 bei rund 1,1 Exajoule.

Ernterückstände könnten laut den Berechnungen jährlich um die 20 Exajoule an Energie liefern, was aber auch mit moderat steigenden Emissionen einher ginge. Der Energiepflanzen-Anbau könnte theoretisch zwischen rund 40 und 90 Exajoule an Energie bereitstellen. Damit es aber nicht zu Problemen bei der Nahrungsmittelversorgung käme, bräuchte es deutlich mehr Anbauflächen und eine weitere Intensivierung der Landwirtschaft, was wiederum Treibhausgasemissionen erhöhen und Umweltprobleme verstärken würde.

Plädoyer für vegetarische Ernährung

"Geringere Risiken und weitaus größere ökologische Vorteile als ein massiver Ausbau landwirtschaftlicher Bioenergie würde eine Neuausrichtung unseres gesamten Ernährungssystems bringen", betonen die Wissenschafter. Das betrifft vor allem eine Abnahme des Fleischkonsums. Da man sich so den Anbau von Nahrungspflanzen für Viehfutter sparen kann, würden Flächen frei, die als Kohlendioxid-Senken fungieren und dem weltweiten Artenverlust entgegenwirken könnten.

"Naturnahe Wiederaufforstung stellt eine wirkungsvolle CO2-Senke mit positiven ökologischen Nebeneffekten dar. Das Forcieren dieser Senken sollte als zentrale Klimaschutzmaßnahme und Alternative zu Bioenergie ernsthaft in Erwägung gezogen werden", so Kalt. (APA, red, 4.6.2020)