Das ist eine Art unentgeltliche Werbeeinschaltung. Denn in Krisenzeiten muss man zusammenhalten, die marode Wirtschaft retten oder zumindest ankurbeln. Diesbezüglich bietet sich Marko Arnautovic an. Seit zehn Tagen weilt der Teamstürmer in Wien, Donnerstagmittag lud der 31-Jährige auf die Dachterrasse eines Innenstadthotels (Grand Ferdinand, auch unentgeltlich, hat eh kaum Gäste, aber enorme Betriebskosten). Arnautovic präsentierte einen nach ihm benannten Gin.

"England hat mich geprägt, in meinem Herzen habe ich Österreich und Serbien."
FOTO: APA/ROBERT JAEGER

Andere Spitzensportler verscherbeln biologische Fruchtsäfte, palmölfreie Müsliriegel, Haarshampoos, Tennisschläger, Kapperln oder Leiberln. Arnautovic setzt auf Alkohol. Er darf das, die Moralkeule soll im Sack bleiben. "Der Gin ist nicht für Jugendliche gedacht, sondern für Erwachsene, die Genuss schätzen."

Mit seinem Antlitz bedruckte Mützen wären einfach zu fad. Es handelt sich laut Arnautovic um ein absolutes Premium-Produkt (London Dry). Auf die Idee ist er bereits während der Zeit in England gekommen. "England hat mich geprägt, in meinem Herzen habe ich Österreich und Serbien." Also beinhaltet das Getränk Marillen aus Österreich und Zwetschken aus Serbien. "Wo Arnautovic draufsteht, ist Qualität drinnen, das ist nicht 08/15." Und noch einmal: "Nicht für Jugendliche. Für besondere Anlässen wie Hochzeiten. Der rinnt runter."

Kein Komasaufen

Er soll in Bars zwischen Wien und Schanghai vertrieben werden, eine Flasche kostet 34,90 Euro (arnautovicgin.com). In Bahnhofshallen ist er sicher nicht zu erwerben, weil zum Komasaufen absolut ungeeignet. Auf Wienerisch: Der Arnautovic-Gin ist ka Gschloder. Der Alkoholgehalt beträgt übrigens 40 Volumenprozent. Als Fußballer gibt Arnautovic freilich "einhundert Prozent. Obwohl Teamchef Franco Foda denkt, dass es im Training manchmal auch nur 40 sind."

Corona ist an Arnautovic nicht spurlos vorbeigegangen. Das letzte Fußballspiel mit Schanghai SIPG hat er am 28. Jänner bestritten. Seither war er vor allem in Quarantäne, zum Beispiel vier Wochen in Dubai. "Zach, nur im Hotelzimmer." Nach China darf er als Ausländer immer noch nicht einreisen, er wartet auf Informationen vom Verein. "Jedes Land hat eigene Regeln." Wann die Super League beginnt, weiß maximal die chinesische Regierung. "Mir fehlt das Mannschaftstraining, mir fehlen die Emotionen."

"Ich vermisse sogar die Journalisten."

In einer normalen Welt hätte am 12 Juni die Fußball-EM begonnen. Österreich hätte vor zwei Tagen in Wien gegen England geprobt, 3:0 gewonnen oder 0:3 verloren, man wird es nie erfahren. Arnautovic: "Ich vermisse sogar die Journalisten. Und die Journalisten vermissen mich. Denn wer antwortet jetzt gar nicht oder blöd auf eure Fragen?" Einen Monat hat er bei seiner Familie, der Frau und den beiden Töchtern, in Deutschland verbracht. "Zwei Wochen davon war ich in Quarantäne. Wenigstens im eigenen Haus. Du merkst, wie wichtig die Familie, wie schön das Spielen mit den Kindern ist."

Er hat einen Privattrainer engagiert, den Fußballentzug wird er schadlos überstehen. "Keine Sorge. Ich bin der, der ich war, kann mit dem Ball alles." Arnautovic hofft, dass diese unheimliche Epidemie auch Positives bewirkt. "Sie sollte uns die Augen öffnen. Damit man die Sachen, die man hat, mehr schätzt."

2020 sei generell ein trauriges Jahr. "Schauen wir in den USA, was da abgeht, die Ermordung von George Floyd, alles ein Wahnsinn." Der einzige Lichtblick in diesem Jammer "ist mein Gin". Ziele lässt sich Arnautovic von Corona und Trump nicht rauben. "Die EM im nächsten Jahr. Es ist gut, dass in Deutschland und in Österreich gespielt wird. Lob an die Verantwortlichen." Er lechzt nach der Rückkehr in die Normalität, in den alten Fußball. "Denn jeder will sein Leben leben."

Kein Tonic

Der Gin-Erlös fließt vermutlich einem wohltätigen Zweck, nämlich der Familie Arnautovic, zu. Zum dritten Mal: "Nichts für Jugendliche." Was als Nächstes kommt, weiß Marko Arnautovic nicht. "Kein Tonic, das wäre fad, passt nicht zu mir." Abgesehen davon würde er sich über ein Visum für China sehr freuen. "Denn Fußball bleibt die Nummer eins." (Christian Hackl, 4.6.2020)