Dass nach der Krisenfeuerwehr auch in Österreich – Deutschland hat ein milliardenschweres Konjunkturprogramm angekündigt – die Konjunkturpolitik kommen muss, gilt unter Experten als ausgemacht. Die Frage ist nur, wann. Wifo-Chef Christoph Badelt glaubt, dass die Regierung im zweiten Halbjahr konjunkturpolitische Schritte setzen wird – immerhin sei es eine legistische Herausforderung, ein umfassendes Konjunkturpaket zu schnüren.

Es gibt aber auch unter den Wirtschaftstreibenden jene, denen es wie auch der SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nicht schnell genug gehen kann. Die Hoteliervereinigung (ÖHV) forderte am Donnerstag etwa ein Programm nach deutschem Vorbild. Und auch beim Handelsverband, wo rund sieben Prozent der Mitglieder wegen Corona bereits zugesperrt haben oder gerade dabei sind, wünscht man sich Maßnahmen. Dort betont man, dass ein Konjunkturprogramm schon im türkis-grünen Regierungspakt stehe: die Steuerreform, die ab 2021 schrittweise in Kraft treten soll.

Der Handel wünscht sich eine vorgezogene Steuerreform.
Foto: APA/dpa/Patrick Seeger

Steuerreform geplant

Paktiert ist, dass die Lohnsteuer für niedrigere Einkommen schrittweise gesenkt wird, und zwar ab 2021: von 25 auf 20 Prozent bei Einkommen zwischen 11.000 und 18.000 Euro, von 35 auf 30 Prozent bei Einkommen bis 31.000 Euro und von 42 auf 40 Prozent bei Einkommen bis 60.000 Euro.

Wenn man die Steuerreform auf Juli vorzieht, so der Handelsverband, helfe das der Wirtschaft immens. Denn wenn netto mehr bleibt, wird auch mehr für Konsum ausgegeben.

Das wäre freilich ein etwas anderer Ansatz als in Deutschland, wo die Wirtschaft temporär über eine Senkung der Mehrwertsteuer entlastet wird. Während eine Lohnsteuersenkung in den Haushalten zusätzliches Geld für den Konsum schafft, ist bei einer Senkung der Mehrwertsteuer nicht sicher, inwieweit die Unternehmen das über die Preise überhaupt weitergeben. Die Maßnahme zielt auch auf die Solvenz der Unternehmen, die sich ein Stück weit sanieren können, wenn sie weniger an den Fiskus abführen müssen, wie Wifo-Chef Badelt erklärt.

Allerdings kann die Politik darauf einwirken, dass die Preissenkungen weitergegeben werden.

Videotalk mit Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP), Gerald Loacker (Neos), Ökonom Helmut Mahringer und Schifteh Hashemi von Arbeit plus über die richtige Arbeitsmarktpolitik. Der Bericht zum Video auf: https://www.derstandard.at/story/2000117825317


DER STANDARD

Verteilung

Ein anderer Aspekt der Umsatzsteuersenkung zeigt sich aber bei der Verteilung der Steuerlast: Je weniger ein Haushalt verdient, desto mehr fällt die Umsatzsteuer ins Gewicht. Gut 40 Prozent der Haushalte sind durch indirekte Steuern, insbesondere die Umsatzsteuer, stärker belastet als durch die Einkommensteuer.

Bei vielen Ökonomen ist eine Umsatzsteuersenkung nicht so beliebt: Die Wifo-Ökonomin Margit Schratzenstaller etwa plädiert immer wieder für eine spürbare Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, um den Faktor Arbeit in Österreich günstiger zu machen. Der Charme des nun vorgelegten deutschen Pakets sei aber, dass er recht viele Aspekte abdeckt, sagt Schratzenstaller. Sowohl, wenn es darum geht, die Konjunktur kurzfristig zu beleben, als auch, wenn es um längerfristige Investitionen geht. (Aloysius Widmann, András Szigetvari, 5.6.2020)