Washington – In den USA ist es nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd erneut in mehreren Großstädten zu Demonstrationen gekommen. In New York, Washington, Minneapolis, Atlanta und Los Angeles gingen am Donnerstag jeweils hunderte Menschen auf die Straßen, um ein Ende von Polizeigewalt, Rassismus und anhaltender Ungleichheit zu fordern.

Rund um das Weiße Haus werden Absperrungen errichtet, berichtet die Washington Post.
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Vor dem Weißen Haus in der Hauptstadt Washington wurden die Sicherheitsmaßnahmen angesichts der anhaltenden Proteste nochmals verstärkt. Dort waren hunderte Nationalgardisten und andere Sicherheitskräfte des Bundes in schwerer Ausrüstung zugegen.

In mehreren US-Städten – wie hier in Chicago – gingen erneut Hunderte auf die Straße.
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Floyd war am Montag vergangener Woche bei einer brutalen Festnahme in der Stadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota gestorben. Ein Polizist hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Floyd gedrückt. Der Beamte und drei weitere beteiligte Polizisten wurden nach Bekanntwerden des Vorfalls umgehend entlassen. Sie wurden inzwischen festgenommen und angeklagt.

US-Bürgerrechtler verklagen Trump

Bürgerrechtler haben unterdessen Klage gegen US-Präsident Donald Trump wegen des Einsatzes von Tränengas und Gummigeschoßen gegen Demonstranten vor dem Weißen Haus eingereicht. Der Einsatz am Montag sei gesetzeswidrig gewesen, da die Demonstranten sich friedlich verhalten hätten, argumentieren die Bürgerrechtsorganisation ACLU und andere Gruppen in ihrer am Donnerstag eingereichten Klage.

Die Klage richtet sich auch gegen Justizminister Bill Barr und Verteidigungsminister Mark Esper.

Donald Trump posierte mit der Bibel vor der von Demonstranten beschädigten Kirche.
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Nach dem massiven Polizeieinsatz war Trump zu Fuß zu einer Kirche nahe seinem Amtssitz gegangen. Die St.-John's-Kirche war am Tag davor bei den Protesten durch ein Feuer beschädigt und mit Graffiti beschmiert worden. Der Präsident ließ sich vor der Kirche mit der Bibel in der erhobenen Hand fotografieren.

Trump habe eine "kriminelle Attacke" auf Demonstranten ausgeführt, erklärte der ACLU-Vertreter Scott Michelman. Durch dieses Vorgehen würden "die Grundlagen der Verfassungsordnung der Nation erschüttert".

Twitter löscht Trumps Gedenkvideo zum Fall Floyd

Twitter hat unterdessen das Video Trumps zum Gedenken an George Floyd deaktiviert. Der Kurznachrichtendienst begründete den Schritt am Freitag mit Urheberrechtsbeschwerden. Das Video besteht aus Fotos und Videosequenzen von Protestmärschen und Gewaltszenen – unterlegt mit Worten von Trump.

Das fast vierminütige Video war von Mitarbeitern des US-Präsidenten unter dem Titel "Healing, not hatred" auf Youtube hochgeladen worden, am 3. Juni auch bei Twitter. Auf Youtube kann es weiterhin abgerufen werden.

Donald J Trump

Es ist nicht das erste Mal, dass Twitter gegen Trump aktiv wird und Tweets im Nachhinein mit Hinweisen versieht. Das Unternehmen ist deswegen von der US-Regierung bereits scharf kritisiert worden. Inzwischen hat Trump eine Verordnung unterzeichnet, die gewisse Schutzmechanismen für Onlineplattformen außer Kraft setzen könnte.

Zwei Polizisten in Buffalo suspendiert

Zwei Polizisten sind unterdessen in Buffalo vom Dienst suspendiert worden. Auf einem Video eines Reporters ist zu sehen, wie sie während der Proteste nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd einen weißen Mann zu Boden stoßen – der eine mit dem Schlagstock, der andere mit der Hand. Der Mann, von dem es hieß, er sei 75 Jahre, blieb am Kopf blutend liegen, ohne dass sich gleich jemand um ihn kümmerte.

"Das Video hat mich zutiefst verstört", sagte Buffalos Bürgermeister Byron Brown. Nach Tagen friedlicher Proteste und verschiedener Meetings mit der Führung der Polizei und Gemeindevertretern sei "diese heutige Veranstaltung entmutigend". Nach Ansicht des Videos ordnete Buffalos Polizeikommissar Byron Lockwood eine Untersuchung an und suspendierte die zwei Polizisten. Der 75-jährige Mann soll in einem stabilen, aber ernsten Zustand sein.

Drei Polizisten könnten auf Kaution freikommen

Im Fall Floyd könnten drei der vier beteiligten früheren Polizisten auf Kaution freikommen. Sie müssten dafür eine Million Dollar (rund 900.000 Euro) als Sicherheit hinterlegen, zeigten Gerichtsunterlagen aus Minnesota am Donnerstag. Sollten sie gewisse Auflagen akzeptieren, darunter ein Verbot von Kontakten zu Floyds Familie, würde der Betrag auf 750.000 Dollar (670.000 Euro) reduziert. Der Prozess soll erst in einigen Monaten beginnen.

Den drei früheren Polizisten wird Mittäterschaft bei der Tötung Floyds vorgeworfen. Ihnen drohen lange Haftstrafen. Ein vierter Ex-Polizist, Derek C., gilt als Hauptverdächtiger. Ihm wird unter anderem Mord zweiten Grades vorgeworfen, worauf bis zu 40 Jahre Haft stehen. Er soll kommende Woche dem Haftrichter vorgeführt werden. (APA, 5.6.2020)