Die deutschen Firmen investieren viel weniger, vergleichsweise wenig betroffen ist jedoch der Bau.

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Berlin – Der deutschen Industrie ist das Neugeschäft wegen der Corona-Krise im Rekordtempo weggebrochen. Sie sammelte im April um 25,8 Prozent weniger Aufträge ein als im Vormonat, teilte das deutsche Wirtschaftsministerium am Freitag mit. Das ist der stärkste Rückgang seit Beginn der Statistik 1991. Ökonomen hatten nur mit einem Minus von 19,7 Prozent gerechnet, nachdem es bereits im März einen Rückgang um 15,0 Prozent gegeben hatte.

"Im Shutdown-Monat April hat sich der Einbruch der industriellen Auftragseingänge erwartungsgemäß noch einmal verstärkt", erklärte das Ministerium. Die Einschränkungen gegen die Pandemie galten in den meisten wichtigen Absatzländern während des gesamten Monats. "Angesichts der allmählichen Lockerungen dürfte der Tiefpunkt der Industrierezession damit aber auch durchschritten sein", erklärte das Ministerium.

Die Aufträge aus dem eigenen Land sanken im April um 22,3 Prozent zum Vormonat. Die Bestellungen aus dem Ausland gingen sogar um 28,1 Prozent zurück. Dabei sackten die Aufträge aus der Eurozone um 30,6 Prozent ab, die aus dem restlichen Ausland um 26,7 Prozent.

Deutsche Firmen investieren viel weniger

Auch an der Investitionsfront hinterlässt Corona Spuren. Die deutschen Unternehmen halten sich einer Umfrage zufolge bei Investitionen immer stärker zurück. Jede zweite Firma habe geplante Projekte verschoben, teilte das Münchner Ifo-Institut am Freitag zu seiner Mai-Befragung mit. Im April sprachen nur 46 Prozent davon. 28 Prozent hätten ihre Vorhaben sogar ganz gestrichen (April: 22 Prozent). "Das sind beunruhigende Zahlen für die längerfristige Entwicklung der Wirtschaft", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.

Besonders die Industrie spart bei den Investitionen: 64 Prozent verschoben im Mai Projekte, nachdem es im April noch 56 Prozent waren. Ganz gestrichen wurden sie bei 32 Prozent der Industriebetriebe (April: 25 Prozent). "Die Dienstleister waren etwas zurückhaltender", erklärte das Institut. 45 Prozent verschieben ihre Projekte, 28 Prozent wollen sie ganz wegfallen lassen. Ähnlich sieht es im Handel aus. 44 Prozent verzichten zunächst, 20 Prozent streichen ganz.

"Vergleichsweise weniger betroffen war der Bau", erklärte das Ifo-Institut. 30 Prozent sprachen im Mai von einer Verschiebung von Investitionen, 15 Prozent von einem Verzicht. Der deutschen Wirtschaft droht heuer die schwerste Rezession der Nachkriegszeit.

Erholung im kommenden Jahr erwartet

Die Deutsche Bundesbank rechnet für heuer ebenfalls mit einem herben Einbruch der Wirtschaft. Sie hält laut ihrer jüngsten Prognose einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 7,1 Prozent für wahrscheinlich. Nach der tiefen Rezession 2020 soll sich die Konjunktur aber bereits in den kommenden beiden Jahren deutlich erholen.

Für 2021 rechnen die Volkswirte der Notenbank mit 3,2 Prozent Wachstum, 2022 dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach um 3,8 Prozent zulegen. Unterstellt wird dabei, dass Mitte kommenden Jahres eine wirksame medizinische Lösung zur Bekämpfung des Coronavirus verfügbar sein wird, was der wirtschaftlichen Erholung einen weiteren Schub geben würde. (APA, red, 5.6.2020)