Isabel Auenhammer: "Ich vergleiche den OP-Bereich immer mit dem Theater."

Foto: Privat

"Mein Vater war Direktor einer großen Firma für Medizintechnik, mein Bruder ist Arzt. Ich wollte gerne einen Beruf in diesem Bereich, aber ein langes Studium und eine langwierige Facharztausbildung – das hat für mich nicht gepasst. Der Wunsch nach Familie war größer. Die Krankenpflegeschule am Rudolfinerhaus in Wien war für mich ideal. Explizit praktisch arbeiten und möglichst nahe mit Menschen, das war immer mein Wunsch. Einen Bürojob am Schreibtisch, das wollte ich nie. Unmittelbar nach der Matura war das eine harte Schule, konsumierend, aber für mich nie problematisch. Ich habe in verschiedenen Bereichen und Funktionen der Pflege gearbeitet, und im Laufe der fast 30 Jahre habe ich die Prozesse rund um den OP-Bereich auch mit allen Schwierigkeiten und Mankos gut kennengelernt. Das hat mich zunehmend interessiert.

In diese Richtung habe ich mich im Management weitergebildet, einen MBA in Health-Care- Management an der Wirtschaftsuni gemacht, die Pflegedirektorinnenausbildung. Eine Berufung, nicht nur ein Beruf – ja, das kann man so sagen.

Seit drei Jahren leite ich das OP-Management für fünf Privatspitäler, etwa 27.000 Operationen pro Jahr. Es geht immer um das Optimieren von Prozessen, darum, Qualität und Wirtschaftlichkeit jeweils optimal zusammenzubringen. Ich vergleiche das gerne mit dem Theater. Es ist wie ständig wechselnde Bühnenbilder mit wechselnden Akteuren, wechselndem Equipment, Geräten und Instrumenten. Das Gesamtwerk funktioniert nur dann, wenn die Abstimmung wirklich passt. Mit jeder Operation ändert sich die Ausstattung des Raumes, das Team. Dahinter müssen die Prozesse ebenso abgestimmt sein, von der Hygiene bis zu allen anderen Vor- und Nachbereitungen. Der OP-Bereich ist der komplexeste, teuerste Bereich im Spital. Und jedes Haus hat andere Themen.

Ob ich Stunden zähle?

Bin ich also doch noch am Schreibtisch gelandet? Eigentlich nicht, ich habe natürlich ein Team zur Prozesssteuerung. Ich selbst reise zwischen den Häusern sehr viel und verbringe überwiegend Zeit vor Ort in den OPs, um zu beobachten und zu analysieren. Das ist praktische Arbeit, deren Ergebnisse wir dann gemeinsam mit allen involvierten Berufsgruppen umsetzen. Ich habe mich mit meiner beruflichen Aufgabe tatsächlich noch nie so wohl gefühlt wie jetzt!

Ob ich Stunden zähle? "Nächste Frage", kann ich da nur antworten. Ich habe nun einmal einen extremen Fokus auf die Arbeit, und das macht mir Freude. Auch weil es sehr darum geht, sich mit Menschen auszutauschen und herauszufinden, wo es wie in der Abstimmung besser gehen kann. Der OP-Bereich ist für mich der schönste Bereich.

Hobbys? Das ist für mich nahezu ein Fremdwort. Ich war mit den Kindern, mit der Familie und mit meiner beruflichen Tätigkeit immer ausgelastet. Ich denke jetzt langsam um, jetzt, wo die Kinder groß sind. Aber: Meine berufliche Laufbahn würde ich immer wieder so einschlagen.

Pflege ist für Junge nicht attraktiv

Allerdings haben wir da bekanntlich ein riesiges Problem, wie eigentlich im gesamten medizinisch-ärztlichen Bereich. Pflege ist für Junge gar nicht attraktiv, es klingt unterwürfig, es ist nicht gerade besonders hoch bezahlt, es ist kein Job, in dem ich mich super darstellen kann oder einfach und schnell Geld verdienen. Das reizt mich jetzt sehr, Ansätze zu finden, wie wir Pflege attraktiv machen können, wie wir es schaffen können, dass junge Menschen sagen: Ich will für andere genau in diesem Bereich da sein. Tendenziell sind Berufe in der Pflege aktuell eher abschreckend. Da brauchen wir Antworten – und zwar schnell. Wir laufen da in ein sehr, sehr großes Problem. Einfach zuschauen, wie dieser Karren an die Wand fährt – das geht für mich gar nicht." (Protokoll Karin Bauer 8.6.2020)