Hier könnte ein Witz über Geruchs-Internet stehen. Wir ersparen ihn Ihnen aber.

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Wien – Es war das Ende einer eher hitzigen Diskussion zwischen Servus-TV-Moderator Michael Fleischhacker und Kanzler Sebastian Kurz, als der ÖVP-Chef auf Hühnermist zu sprechen kam. Ja, es stimmt, sagte Kurz in der Debatte, ob die strengen Maßnahmen gegen Covid-19 nötig gewesen wären: Österreich habe deutlich kommuniziert, was man alles nicht tun solle, und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) habe dafür klare Worte gefunden.

Dafür aber, so deutete Kurz an, habe man wenigstens direkt und nicht hintenherum argumentiert, immerhin sei in allen Ländern der Welt versucht worden, Sozialkontakte zu reduzieren: "Es ging drum, den Leuten klarzumachen, es ist gefährlich, für sie und andere Menschen, wenn wir uns weiter treffen, wenn wir uns die Hand geben, wenn wir uns abbusseln, darauf müssen wir ein paar Wochen verzichten. In Schweden hat man andere Worte gewählt, ja. Aber dafür gab's in Schweden zum Beispiel Parkanlagen, wo man Hühnermist verstreut hat, damit es für die Menschen nicht attraktiv ist, hineinzugehen oder sich in Gruppen zusammenzusetzen. Zwei Wege, mir ist da lieber, der Innenminister sagt, bitte treffts euch nicht, das ist lebensgefährlich." Das sei aber eine Frage des Geschmacks, fügte Kurz hinzu.

"Es wird stinken"

Nur wenig später gab es erste Wünsche, man wolle die Worte des Kanzlers doch überprüfen. Hat Schweden wirklich Hühnerdreck in Parks verstreut, um Ansammlungen zu verhindern? Die kurze Antwort ist: Ja, und so wie Kurz seine Worte gewählt hat, ist es auch richtig. Es gab "in Schweden Parkanlagen", wo so etwas stattfand. Die längere Antwort ist: Ein Massenphänomen waren derartige Aktionen nicht, das Verstreuen von Dung im Park fand nur einmal und in einem sehr spezifischen Kontext statt. Und es handelt sich auch nicht um eine Strategie der Regierung. Diese setzte tatsächlich – mit sehr umstrittenem Erfolg – auf Eigenverantwortung und nicht auf das Vergrämen von Parkbesucherinnen und Parkbesuchern.

Konkret stammt die Behauptung offenbar von einer Meldung aus Lund. In der 91.000 Einwohner zählenden Uni-Stadt hatte das Rathaus laut mehreren Medienberichten verhindern wollen, dass sich Jugendliche Ende April in großen Mengen zur Feier der Walpurgisnacht im Park versammeln. Der "Guardian" zitierte damals den Sprecher des örtlichen Umweltkomitees, Gustav Lundblad, mit dem Worten, es handle sich dabei um eine für alle vorteilhafte Situation: "Wir haben die Möglichkeit, die Rasen zu düngen, und zugleich wird es stinken, sodass es nicht so nett ist, sich hinzusetzen und ein Bier im Park zu trinken." Er könnte nicht garantieren, dass es nicht auch im Rest der Stadt zu Geruchsbelästigung komme, fügte er an.

Bleiben – neben dem Kontext, der bei Kurz unerwähnt blieb – zwei Fragen offen: Handelte es sich, wie vom Kanzler behauptet, um mehrere Parkanlagen? Das scheint nach Maßgabe des Berichts nicht der Fall gewesen zu sein, die Rede ist nur vom Stadsparken, dem Stadtpark. Und: Ist man über das Planungsstadium hinausgekommen und hat den Dreck tatsächlich verteilt? Das ist mit Ja zu beantworten, von der Aktion gibt es nämlich Videos.

Übrig bleibt nach einem schnellen Check also: Kontext und eine Aussage zum Ausmaß der Dung-Ausbringung fehlten zwar. Die Aussage, so wie Kurz sie in der Sendung gemacht hat, ist aber korrekt. (red, 5.6.2020)