Sie ist nicht das, was landläufig als "erste Wahl" bezeichnet werden kann. Der steirische ÖVP-Chef und Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer hatte eine Handvoll Kandidatinnen zur Hand, die er Anfang des Jahres seinem Bundesparteichef Sebastian Kurz offerierte, als dieser gerade dabei war, sein türkises Regierungsteam zusammenzustellen. Auf der steirischen Angebotsseite stand unter anderen der Name "Christine Aschbacher".

Die Ministerin, Mutter dreier Kinder, kommt aus einem tiefschwarzen Elternhaus, Vater und Schwester sind für die ÖVP aktiv, sie selbst aber war politisch bis zu ihrem Aufstieg politisch unauffällig. Die bald 37 Jahre alte Absolventin der FH für wirtschaftsberatende Berufe in Wiener Neustadt dockte nur kurz einmal in den VP-Büros von Ex-Ministerin Maria Fekter und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner an, ehe sie sich als Unternehmensberaterin selbstständig machte. Und plötzlich fand sich Christine Aschbacher neuen Regierungsteam Kurz wieder.

Sie sei "lieb" und verständnisvoll, sagen grüne Koalitionspartner.
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"Bei solchen Besetzungen geht es oft ja nicht um Qualifikationen, sondern auch darum, wer wen kennt", sagt ein ÖVP-Insider. Zumindest für Kurz war Aschbacher ja tatsächlich keine Unbekannte. Beide kannten sich aus Zeiten der Jungen ÖVP. Das verbindet, das schafft Loyalität. Aschbacher zählte damals zur Clique um Kurz und dessen jetzigen Kabinettschef Bernhard Bonelli.

"Es ist korrekt, dass sie sich in der Schülerunion engagiert hat und durch ihre Tätigkeit beim Club International sowohl Bernhard Bonelli als auch Sebastian Kurz kennengelernt hat", lässt Aschbacher auf STANDARD -Nachfrage ausrichten.

Dass es eine Frau aus der Steiermark für ein Ministeramt sein musste, war in der ÖVP-Logik zwingend, nachdem Ex-Ministerin Juliane Bogner-Strauß in die steirische Landesregierung wechselte. Kurz wusste, dass er das Kräfteparallelogramm in der ÖVP nicht überstrapazieren kann. Er braucht die starken ÖVP-Länder.

Rhetorikbausatz

Als Schützenhöfer Anfang des Jahres zum "Neujahrsempfang in den Weißen Saal der Grazer Burg lud, war natürlich auch die frischgebackene Ministerin Christine Aschbacher als "Stargast" gekommen. Stolz präsentierte Schützenhöfer "seine" steirische Ministerin.

Aschbacher vermittelte einen aufgeräumten, freudestrahlenden Eindruck und drückte jedem lachend die Hand. Der Smalltalk war allerdings noch recht spröde, etwas floskelhaft und hatte die Anmutung des Angelernten. "Automatenhafte Auftritte" musste sie sich Wochen später von Kritikern anhören.

Nein, so böse dürfe man nicht urteilen, heißt es aus der Führungsebene des grünen Regierungspartners in Wien. Christine Aschbacher sei, "voll nett", "sehr zuvorkommend" und durchaus verständnisvoll für Anliegen der Grünen. "Lieb" sei sie, aber halt, so könne man in Gesprächsrunden beobachten, "in der ÖVP nicht wirklich ernstgenommen". Obzwar sie das schwere, verantwortungsvolle Paket "Arbeit" samt AMS zu schultern habe. Die großen Ansagen zum Thema kämen aber ohnehin vom Parteichef selbst. Sie gehöre "nicht wirklich zum Inner Circle von Sebastian Kurz, dort wo die Entscheidungen fallen", schildert einer aus dem grünen Lager seine Wahrnehmungen.

Es fehle der steirischen Arbeitsministerin Christine Aschbacher – eine "Erfindung" von Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz – an politischem Gewicht, heißt es auch.
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In ihren öffentlichen Auftritten, wenn eine Kamera auf sie gerichtete ist und sie inhaltlich davonzuschwimmen droht, greift sie nach Sprachgerüsten, an denen sie sich festhält wie an einer Boje, um nicht zu ertrinken. Das klingt dann oft sehr seltsam und fast unmenschlich, was das ORF-Duo "Maschek" animiert hat, Aschbachers Stimme mit Amazons Sprechcomputer Alexa zu karikieren.

Schräger PR-Coup

Sie spürt natürlich diesen Gegenwind, die Verspottung und versucht mit Eigen-PR-gegenzusteuern, "aber leider", so schüttelt ein führender ÖVPler den Kopf, "hindert sie niemand daran". Wie in jenem Augenblick, als sie für den Familien-Härtefallfonds mit einem Baby Werbung machen wollte und dem Kind einen 100-Euro-Schein in die Hand drückte.

Das Bild erschien umgehend und exklusiv in der Kronenzeitung. Die Botschaft: Die Ministerin hilft unbürokratisch einer notleidenden Familie. Kam aber nicht wirklich gut an. Nachdem es in den Onlineforen rund ging, verteidigte sich die Ministerin, das Baby war es. Es habe nach dem Geldschein gegriffen.

Die Noterklärung machte die Sache nur noch schlimmer. "In Corona-Zeiten einem Kind einen Geldschein hinzuhalten ohne Distanz, was da Viren oben sein können, völlig daneben. Ich hoffe nur, es war ihr letzter Fehler, dann sei er ihr verziehen", sagt ein Parteifreund aus der Steiermark,

Offen will keiner der ÖVP-Gesprächspartner die Kurz-Erfindung Christine Aschbacher kommentieren oder gar anpatzen. Das käme einer Palastrevolte gegen Sebastian Kurz gleich. Und darauf hat in der ÖVP momentan niemand Lust. Solange die Umfragewerte noch konstant über 40 Prozent liegen.

Die Ministerin nimmt all die Häme relativ gelassen. Kann man die Angriffe, ja Verspottungen wirklich einfach so wegstecken? Die Ministerin ließ die Frage des STANDARD von ihrem Büro beantworten: "Für konstruktive Kritik ist sie immer offen und nimmt Feedback gerne an. Auch mit harter Kritik muss man in der Politik leben, jedoch sich auch nicht lange damit aufhalten und die Energie lieber für weiterer Verbesserungen und für die Arbeit für Österreich verwenden." (Walter Müller, 7.6.2020)