Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) räumte ein, dass nicht immer alles gut gelaufen sei. Dennoch habe er ehrlich kommuniziert.

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Wien – Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) ist bei der Corona-Pandemie "sehr optimistisch, dass es in Österreich zu keiner zweiten Welle kommen wird". Hierfür müsse man das Virus aber weiter ernst nehmen, sagte er am Samstag in der "Tiroler Tageszeitung". Im Ö1-"Mittagsjournal" kündigte er ein großes Screening bei Menschen mit schwieriger Lebenssituation an.

Für die Zeit nach den Sommerferien stellte der Minister weitere Öffnungsschritte in Aussicht. "Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst wieder in Schulen und Universitäten einen gewohnten Alltag haben, zudem sollte es wieder weitgehend Normalität im Kulturbetrieb geben. Dieser Prozess muss aber intensiv begleitet werden", meinte er.

Fokus auf Prekarität

Im Spätherbst könne es aber noch einmal zu einer kritischen Situation kommen. "Sobald ein neuer Cluster sichtbar wird, müssen wir in der Lage sein, schnell und effektiv zu handeln. Wir müssen derzeit erkennen, dass besonders prekäre Arbeitsverhältnisse hier ein Problem darstellen können", so Anschober zur Lehre aus den Infektionsfällen in Postverteilzentren.

Bereits im Juni sollen daher Screeningmaßnahmen beginnen. Derzeit untersuche man gemeinem mit dem Arbeitsinspektorat, wo es derartige Firmenstrukturen gebe.

Anschober plädiert für ehrliche Kommunikation

Zum Thema "Angstmache" durch die Regierung meinte er, dass seine Wortwahl immer in Richtung Ermutigung und Hoffnung gegangen sei: "Aber ich erachte es als notwendig, aufzuzeigen, was passiert, wenn nicht konsequent reagiert wird."

Dass nicht alles immer gut gelaufen sei, räumte er ein. Wichtig sei aber, "dass man dazu bereit ist, ehrlich zu kommunizieren, dass Fehler passiert sind, und daraus zu lernen", so Anschober.

Erhöhung des Arbeitslosengeldes

Als Sozialminister kann sich Anschober eine der Erhöhung des Arbeitslosengeldes vorstellen. "Ich bin da absolut gesprächsbereit", sagte er am Samstag im ORF-"Morgenjournal". Man brauche dafür allerdings Mehrheiten in der Koalition mit der ÖVP. Zuletzt hatte sich schon Grünen-Sozialsprecher Markus Koza angesichts der Corona-Krise für die Erhöhung ausgesprochen.

"Wir werden das als eines von mehreren Lösungsoptionen miteinander bearbeiten", so Anschober: "Ich gehe davon aus, dass wir da in den nächsten vier, fünf Wochen zu einer Lösung kommen, mit einem Handlungsvorschlag für jene Menschen, die in Arbeitslosigkeit sind, damit deren Lebenssituation verbessert wird." Bisher kam diese Forderung vor allem aus der SPÖ. Sie verlangt seit langem, die Nettoersatzrate von derzeit 55 auf 70 Prozent zu erhöhen.

Öffentliche Hand muss gegensteuern, sagt SPÖ

Die Sozialdemokraten warnen vehement vor einer "verlorenen Generation Corona". Derzeit haben rund 55.000 Junge keinen Job. Im Herbst dürften Experten zufolge 7.000 bis 8.000 Lehrstellen fehlen. "Der Markt alleine wird dieses Problem natürlich nicht regeln", sagte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Samstag bei einer Pressekonferenz. "Es muss dringend staatlich gegengesteuert werden", forderten sie und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser.

Jugendliche seien am stärksten von der Coronakrise betroffen. Die Arbeitslosigkeit der Unter-25-Jährigen habe sich verdoppelt. Das Lehrstellenangebot sinke. Davor warnten zuletzt auch schon die Sozialpartner vehement.

Investitionspaket gefordert

Unternehmen selber würden aufgrund der prekären wirtschaftlichen Lage derzeit nicht daran denken können, Lehrstellen zu schaffen., so Rendi-Wagner. Vielmehr seien sie dazu gezwungen, Arbeitsplätze und Lehrstellen abzubauen, gab die Politikerin zu bedenken. "Es braucht insgesamt ein Investitionspaket in die Wirtschaft, in die Beschäftigung – wie wir das seit mehreren Wochen fordern und Deutschland dieser Tage angegangen ist."

Jeder Jugendliche müsse die Chance auf eine Lehrstelle haben, sagten Rendi und Kaiser. Konkret fordern die Sozialdemokraten die Aufstockung der Lehrstellen in überbetrieblichen Lehrwerkstätten um 5.000 Plätze. Darüber hinaus solle die öffentliche Hand in allen Bereichen die Lehrstellen aufstocken. (APA, 6.6.2020)