Das Notlazarett Messe Wien dürfte weniger als die dafür reservierten 50 Millionen Euro kosten.

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Einmal ist es sich doch ausgegangen: Früher als geplant schaffte die Stadt Wien im Vorjahr dank guter Konjunktur und sprudelnder Steuereinnahmen ein ausgeglichenes Budget. Die Tilgung eines sehr kleinen Teils der Schulden in Höhe von 9,2 Millionen Euro war laut den vorliegenden Daten des Rechnungsabschlusses 2019 möglich. Eine Rückzahlung war zuletzt im Jahr 2007 der Fall. Der mittelfristige Finanzplan der Stadt, der für heuer ein Nulldefizit vorgesehen hätte, ist freilich aufgrund der aktuellen Corona-Krise zur Makulatur verkommen.

Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) bezifferte am Montag allein den bisherigen Mehraufwand für Wien in diesem Jahr aufgrund von Corona mit 150 Millionen Euro. Darin sind etwa die Kosten für den Betreuungsstandort Messe Wien enthalten, der präventiv zum Notquartier umfunktioniert wurde. Im Mai waren hier etwa nach einer Evakuierung einer großen Asylunterkunft in Erdberg wegen Corona-Fällen bei Bewohnern und Betreuern auch fast 300 Flüchtlinge untergebracht.

Laut Hanke wurden in Summe 50 Millionen Euro für Betreuungsmaßnahmen in der Messe reserviert. Diese sollte als Notlazarett für leichte bis mittelschwere Corona-Fälle und als Entlastung für möglicherweise überfüllte Spitäler auf dem Höhepunkt der Corona-Krise dienen. Ein Szenario mit vielen Hundert gleichzeitig Erkrankten ist in Wien auch aufgrund des frühen Lockdowns bis dato aber zum Glück nicht eingetreten. Hanke hofft daher, dass die 50 Millionen Euro nicht ausgeschöpft werden müssen. Zuletzt wurden in Wien in 24 Stunden 35 Neuerkrankungen bestätigt. Insgesamt gibt es derzeit nach einem Anstieg wieder 305 aktive Fälle: Zwei Drittel aller aktuell Erkrankten in Österreich wurden in Wien registriert.

Gastro-Bons sind auf dem Weg

Weitere große Ausgaben sind die Gastro-Gutscheine, die Mitte Juni an alle 950.000 Wiener Haushalte ausgeschickt werden sollen und bis zu 40 Millionen Euro kosten werden. Hier gibt es laut Hanke keine Verzögerungen. Homeoffice- und Digitalförderungen für Unternehmen wurden insgesamt mit 25 Millionen Euro dotiert und laut Hanke innerhalb von zwei Wochen vergeben "und ausbezahlt". Dazu kommen Kulturarbeitsstipendien, Taxigutscheine für Senioren oder Haftungen und Bürgschaften für Wiener Firmen.

Und das wird noch lange nicht alles an Unterstützungsgeldern gewesen sein. Hanke erinnerte etwa daran, dass derzeit nur 40 Prozent der Hotellerie in Wien geöffnet haben. "Zwei Prozent werden auch nicht mehr aufsperren." Der private Konsum in Wien insgesamt sei nach dem Lockdown nur äußerst zögerlich wieder angelaufen.

Corona wird Wien "hunderte Millionen Euro kosten"

Dazu kommen mehr als 172.000 Arbeitslose in der Hauptstadt, rund 250.000 sind in Kurzarbeit. Die Corona-Krise, machte der Finanzstadtrat klar, "wird uns hunderte Millionen Euro kosten".

Neben dem Arbeitsmarkt insgesamt sei der Städtetourismus in Wien besonders betroffen. Dieser werde laut Hanke "am spätesten zurück in die Normalität kommen". Im Vorjahr kamen 80 Prozent der Touristen in Wien aus dem Ausland. Heuer wird ein massiver Einbruch erwartet, der wohl auch in den kommenden Jahren noch spürbar sein wird. Der Ausfall sei mit österreichischen Gästen nicht wettzumachen, so Hanke. Er forderte die Bundesregierung auf, das Kurzarbeitsmodell in der Hotellerie noch bis zum ersten Quartal 2021 weiterzuführen. Aktuell ist ein Ende der Kurzarbeit mit Ende September terminisiert. Mit den bisherigen Corona-Maßnahmen der türkis-grünen Regierung zeigte sich Hanke großteils zufrieden. Bei der Umsetzung der Pakete sei der Bund aber "ein wenig zögerlich" gewesen.

25-Euro-Reparatur-Gutschein wird vorbereitet

Zuletzt brachte die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein als weiteren Gutscheinvorstoß in Wien einen Reparaturbon in Höhe von 25 Euro für alle jungen Wiener zwischen 16 und 30 Jahren ins Spiel. Dieser soll bei Handwerksfirmen mit bis zu neun Mitarbeitern im Heimatbezirk eingelöst werden können. Kostenpunkt: zehn Millionen Euro. Laut Hanke werde das Projekt aktuell vorbereitet. "Wenn es gut und vernünftig aufgesetzt wird, wird es eine Unterstützung sein."

Im Vorjahr konnte Wien Rücklagen im Ausmaß von 758 Millionen Euro aufbauen, der gesamte Rücklagensaldo beträgt 1,8 Milliarden Euro. "Das hilft uns jetzt besonders", sagte Hanke. Ein Nulldefizit wie 2019 wird es aufgrund der nötigen Corona-Maßnahmen aber 2020 nicht mehr geben können. "Das wäre unseriös, das zu behaupten." Zudem werden heuer bei den Ertragsanteilen des Bundes – die zuletzt für 45,5 Prozent der Gesamteinnahmen Wiens verantwortlich zeichneten – signifikante Einbußen erwartet. Im Budgetvoranschlag 2020, veröffentlicht im Oktober des Vorjahres, war ein ausgeglichenes Budget ohne neue Schulden geplant. Zudem sollten Schulden in Höhe von 182 Millionen Euro zurückgezahlt werden.

Schulden werden wieder steigen

Im Gegensatz zu den Plänen vor Corona wird der Schuldenstand also wieder steigen. Um wie viele Millionen Euro, kann laut Hanke aktuell nicht prognostiziert werden. Der Schuldenstand betrug Ende des Vorjahres 6,69 Milliarden Euro.

Für Gesundheit, Soziales und Bildung wurden im Vorjahr – bei einem Budget von 14,2 Milliarden Euro – die größten Geldbrocken aufgewendet. (David Krutzler, 8.6.2020)