Die Sache klingt auf den ersten Blick wirklich nicht dramatisch. Da sollen in einem kleinen Bundesland für einige Häuser mit geförderten Mietkleinstwohnungen zwischen 45 und 65 Quadratmetern die baurechtlichen Anforderungen so weit abgesenkt werden, dass in letzter Konsequenz nur noch die Erdgeschoßwohnungen barrierefrei sind. Wer billiger baut, kann mehr für junge Menschen bauen, lautet das Argument der schwarz-grün-pinken Landesregierung.

Was auf den ersten Blick bestechend einfach und logisch klingt, hat einen Haken. Polemisch formuliert, könnte man mit diesem Argument ja auch die Bassenawohnung mit Wasser und Toilette am Gang wieder aufleben lassen. Das will aber nun wirklich niemand mehr.

Wohnen in Salzburg ist teuer.
Foto: APA/BARBARA GINDL

Ohne Polemik darf man aber festhalten, dass die enormen Wohnbaukosten in erster Linie an den hohen Grundstückspreisen und weniger am Bau selbst liegen. Die Barrierefreiheit schlägt bei den Baukosten übrigens nur im untersten einstelligen Prozentbereich zu Buche. Dazu kommt, dass vom barrierefreien Bauen ja nicht nur Menschen mit Behinderungen im engeren Sinn des Wortes profitieren: Familien mit Kleinkindern, kranke oder ältere Menschen wissen ein Lied davon zu singen.

Dass die Behindertenverbände jetzt gegen das Aufweichen der Standards in Salzburg Sturm laufen, liegt aber vor allem an einem: Sie fürchten die Beispielwirkung. Sie befürchten, dass das Recht auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben in einer so weit als möglich barrierefreien Umgebung von dem Argument, dass Wohnen günstiger werden muss, zunehmend verdrängt wird und das Salzburger Beispiel auch anderswo in Österreich Schule macht. Denn der Kostendruck ist überall zu spüren. Und dann könnte der Verzicht auf Aufzüge nicht mehr nur 50 geförderte Mietkleinstwohnungen pro Jahr in Salzburg betreffen. (Thomas Neuhold, 9.6.2020)