Nordkorea hat die Kappung sämtlicher Kommunikationskanäle zum "feindlichen" Südkorea angekündigt.

Foto: EPA/YONHAP SOUTH KOREA OUT

Pjöngjang – Nordkorea hebt nicht mehr ab. Rund zwei Jahren lang haben sich Beamte der südkoreanischen Regierung in Seoul mit den Abgesandten Pjöngjangs täglich auf bis zu 49 Hotlines ausgetauscht – nun haben die Gespräche vorerst ein Ende. Der Norden hat nach einer Mitteilung seines Sprachrohrs, der amtlichen Agentur KCNA, die Leitung gekappt.

Als Grund nennt man, dass Südkorea eine Aktion nordkoreanischer Deserteure und Flüchtlinge, die Luftballons mit Flugblättern für die nordkoreanische Bevölkerung im Süden aufsteigen ließen, nicht verhindert habe. Tatsächlich dürfte es in dem neu erhitzten Konflikt aber um viel mehr gehen.

Zurück zum Megafon

Darauf deutet die Ausdrucksweise hin, in der die Aussendung gehalten ist. Gespräche mit Südkorea hätten keinen Sinn, weil es "keine Themen gibt, über die wir reden könnten", heißt es. Man werde die Beziehungen nun "gründlich in solche umwandeln, wie man sie zu einem Feind hat".

Es ist nicht das erste Mal, dass Nordkorea die Leitungen zum Süden kappt, mit dem das Land seit dem De-facto-Ende des Koreakrieges 1953 mangels Friedensvertrags noch immer im Kriegszustand ist. Pjöngjang hat den Gesprächsfaden immer wieder durchschnitten, um so Unmut über den Süden auszudrücken oder Druck für Entgegenkommen aufzubauen. Zuletzt tat man das 2016. Das Ende der Gespräche ist – auch angesichts geplanter Marinemanöver Südkoreas – riskant und kann Missverständnisse verstärken. Allerdings gibt es auch andere Wege, sich über die Grenze hinweg zu verständigen. Unter anderem kamen auch Megafone zum Einsatz.

Hunger und Härte

Besorgnis erregt, dass sich die Beziehung zwischen Nord- und Südkorea schon zuvor deutlich verschlechtert hatte. Hatte es 2018 zunächst noch so ausgesehen, als würden die beiden Staaten trotz der eingeschlafenen Atomgespräche Nordkoreas mit den USA in besserem Einvernehmen bleiben, ist dies nun unsicher. Für Südkoreas Präsident Moon Jae-in, der einen Gutteil seines politischen Kapitals auf die Aussöhnung setzt, macht dies die Lage schwierig.

Doch während Moon auf den erfolgreichen Kampf gegen Covid-19 und den Sieg bei Parlamentswahlen im April verweisen kann, liegt die Lage im Norden im Argen. Zwar ist das Land laut Propaganda vom Coronavirus verschont geblieben, doch hat eine Quarantäne im Februar das Militär vorübergehend fast lahmgelegt. Der (meist) illegale Handel mit China ist zum Erliegen gekommen, die Wirtschaft schrumpft laut Schätzungen massiv. Laut einer Uno-Mitteilung vom Dienstag leiden viele Menschen Hunger. Bereits vor der Corona-Pandemie waren mehr als 40 Prozent der Menschen in Nordkorea von Nahrungsmittelknappheit betroffen. Jedes fünfte Kind unter fünf Jahren sei bereits jetzt in seiner Entwicklung beeinträchtigt, erklärte eine Sprecherin des Welternährungsprogramms. "Mangelernährung in diesem Ausmaß bedeutet irreversible Schäden für hunderttausende Kinder."

Härte demonstrieren

Machthaber Kim selbst war indes unter Gerüchten über seinen Gesundheitszustand zweimal über drei Wochen in der Versenkung verschwunden. Vor diesem Hintergrund beachtenswert: Die neue Drohung an den Süden wird in der Mitteilung der KCNA von seiner Schwester Kim Yo-jong ausgesprochen. Sie gilt als mögliche Nachfolgekandidatin, sollte ihr Bruder sein Amt nicht ausüben können. Sowohl Kim Jong-un als auch sein Vater Kim Jong-il hatten vor ihren jeweiligen Amtsantritten Konflikte mit dem Süden angeheizt, um so intern ihre politische Härte zu demonstrieren. (Manuel Escher, red, 9.6.2020)