Achtung, aus diesem traurigen Carport könnte eine schicke Gartenlaube entstehen.

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Derzeit befindet sich mein Homeoffice auf dem Land. Von der Terrasse aus sehe ich in den Nachbargärten einen Trend zum zweiten Carport. Der erste Carport dient den Autos. Sie stehen hinter den Häusern, damit man mit der Zufahrt den halben Garten zupflastern kann. Sehr gern hegt man statt Gras- auch Steingärten. Sie geben im Sommer Hitze und im Winter Kälte ab. Das ist das Leben mit den Jahreszeiten!

Der Carport ist immer ein doppelter Carport. Ein Auto für den Vati, damit er ein paar hundert Meter weit zur Arbeit fahren kann. Das zweite Auto braucht die Mutti. Wie sonst soll man zum Einkaufszentrum draußen am Autobahnzubringer kommen? Im Ort selbst findet man exakt keinen Bäcker, keinen Fleischhacker und keinen Greißler mehr. Die neue Billa-Filiale im Dorf ist eine freundliche Geste gegenüber der älteren Bevölkerung. Die kann zwar nicht mehr Auto fahren, dafür aber noch halbwegs hatschen. Die Jüngeren fahren ins Einkaufszentrum. Immer.

Glaskobel und Zirbelkiefer

Im EKZ gibt es im Gegensatz zu keinen Wirtshäusern im Dorf eine Erlebnisgastronomie mit einem Burger-Kompetenzzentrum, diverse Maggi-Systemgastronomie und ein ganz normales AMS-Sauf-Café sowie auf asiatischer Kinderarbeit beruhende Modeketten. Zusätzlich ein Blockbuster-Kino, einen Media-, einen Baumarkt, einen Erotikshop, schließlich Pflanzen-, Outdoor- und Trachten-Tralala.

Die nun überall aufpoppenden Zweitcarports stehen im Garten, weil man schattige Lauben zum Chillen braucht. Die prächtigen Hausterrassen wurden längst zu Glaskobeln umgebaut. Man nennt das Wintergärten. Im Sommer kann man sich darin nach der Niedergarmethode von Anna Maier braten lassen. Niemand benutzt die Wintergärten, außer als Stauraum. In den reich verzierten Zirbelkiefer-Carports sitzt dann aber auch niemand. Der Wind! Die Lungenentzündung! Nur die Harten gehen in den Garten.

Dorfdrohnen und Rasenroboter

Wenn noch Platz ist, wurden zusätzlich Fertigteil-Hochbeete und Geräteschuppen errichtet. Die in den Häusern vorhandenen Keller sind vollgestopft mit Zeug aus dem letzten Jahrhundert. Zum Beispiel Autoreifen und Jahrgangsmarmelade. Ja, Himmelherrgottsackra, Zeug eben! Auf der Restwiese gurken Rasenroboter herum.

Oft sieht man über den akkurat geschnittenen Thujen-Zäunen die Haarschöpfe der Nachbarn auftauchen. Nennen wir sie Dorfdrohnen. Jeder wird ständig überwacht. Das Konzept des gläsernen Menschen, hier ist es daheim.

Das alles ist sehr interessant. Vom überdachten Swimmingpool und den von Veitschi überwucherten Trampolinen ein anderes Mal. (Christian Schachinger, 10.6.2020)