Die Mathematikerin Doris Entner arbeitet mit Kranherstellern zusammen.

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Krane kauft man nicht von der Stange. Je nach den individuellen Einsatzsituationen in Häfen, Logistikzentren oder auf Baustellen müssen sie dementsprechend konfiguriert werden. Für die Hersteller ist es sinnvoll, nicht bei jedem Kran bei null zu starten, sondern die Planungen zumindest teilweise automatisieren zu können.

Doris Entner hilft ihnen dabei. Als Expertin im Bereich Digital Engineering des Vorarlberger Forschungsinstituts V-Research – ein Teil des KMU-Forschungsnetzwerks Austrian Cooperative Research (ACR) – arbeitet sie viel mit Kranherstellern zusammen und unterstützt die Entwicklung von Produkten und Prozessen mit klugen Algorithmen. "Bei uns verbindet sich das Fachwissen der Ingenieure aus der Praxis mit Know-how aus Informatik und Mathematik", sagt die 1983 geborene Vorarlbergerin.

Diese Schnittstellenfunktion führte etwa zu einem Werkzeug, das die Modellbildung der Krane automatisiert und als Verkaufskonfigurator eingesetzt werden kann. "Das ist ein System, das eine grafische Oberfläche mit einem allgemeinen Grundmodell verbindet", sagt Entner. "Man gibt Maße und Parameter ein, und das Tool errechnet und visualisiert auf dieser Basis ein CAD-Modell eines Krans, der für eine konkrete Situation maßgeschneidert ist."

Statikproblem

Besonders aufwendig kann sich die Optimierung der Statik eines Krans gestalten. Blechdicken sollen beispielsweise angesichts der erforderlichen Statik so dünn wie möglich sein, um die Konstruktion leicht und günstig zu halten. Die Berechnungen müssen dabei für tausende Konstellationen durchgespielt werden.

Entner und Kollegen haben das Statikproblem mit verschiedenen Algorithmen gelöst und die Resultate anhand der Kundenanforderungen verglichen. "Wir haben zum Beispiel mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen eine Annäherungsfunktion entwickelt, die die Optimierung beschleunigt", sagt die Forscherin. "Die Anwendung konnte dann in kürzerer Rechenzeit ein sehr gutes Ergebnis erzielen."

Bei vielen Optimierungsaufgaben in der Industrie benötigt man aber gar keine Neuentwicklung, sondern man kann auf die vielen in einschlägigen Datenbanken vorhandenen Algorithmen zurückgreifen. Dabei ist es allerdings oft recht schwierig herauszufinden, welches der Programme nun genau für den jeweils individuellen Fall passt.

Entscheidungsmatrix

In einem weiteren Projekt helfen Entner und ihre Kollegen bei dieser Frage: "Wir haben eine Entscheidungsmatrix entwickelt, die aufgrund der konkreten Anforderungen die passenden Programme auswählt", sagt die Forscherin.

Mathematik war schon in der Schule Entners liebstes Fach. Ihre Studienwahl fiel auf Technische Mathematik. Während des Studiums an der Uni Innsbruck absolvierte sie ein Austauschjahr in Helsinki – einem Ort, an den sie für ihr Doktorat, das sie 2013 abschloss, zurückkehrte. Bereits hier beschäftigte sie sich mit dem Einsatz von maschinellem Lernen für die Datenanalyse.

2018 wurde sie bei der Vergabe des Wissenschaftspreises des Landes Vorarlberg mit einem Spezialpreis geehrt. Entner hat mittlerweile zwei Kinder, die ein und fünf Jahre alt sind. "Der Große rechnet auch schon gern", sagt sie. (Alois Pumhösel, 12.6.2020)