Dieses Bild stammt aus dem Jahr 2005. Damals wurde in Wien gegen das Urteil im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod von Cheibani W. demonstriert.

Foto: Heribert Corn

Auch in Österreich gibt es immer wieder drastische Fälle von Polizeigewalt, die auch auf strukturelle Defizite innerhalb der Staatsgewalt hinweisen. In der jüngeren Geschichte gab es aber auch Versuche, diese Defizite mit Kontrolleinrichtungen und Ausbildungsmaßnahmen bei der Polizei zu minimieren.

Marcus Omofuma

Am 1. Mai 1999 schockierte der Tod von Marcus Omofuma die Nation. Der abgelehnte Asylwerber aus Nigeria erstickte während eines Abschiebefluges, weil ihm begleitende Fremdenpolizisten den Mund verklebt und ihn derartig fest an den Sitz gefesselt hatten, dass er nicht mehr atmen konnte. Die drei Polizisten wurden wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Umständen verurteilt. Das Strafmaß von acht Monaten bedingt ermöglichte aber eine Weiterbeschäftigung als Polizeibeamte.

Als Reaktion wurde im Innenministerium der Menschenrechtsbeirat gegründet, damals ein Vorzeigegremium in ganz Europa. Unabhängige Kommissionen kontrollierten fortan Situationen, in denen die Polizei Zwangsgewalt ausüben durfte, darunter Abschiebungen, Polizeianhaltezentren und Demonstrationen.

In der Polizeipraxis wurde das Knebeln von Schutzbefohlenen ausdrücklich verboten, in der Ausbildung das Fach Menschenrechte eingeführt.

Cheibani W.

Dennoch starb 2003 erneut ein unbewaffneter Schwarzer bei einem Polizei- und Ambulanzeinsatz: Cheibani W. aus Mauretanien erstickte im Wiener Stadtpark, als er von Polizisten und Sanitätern auf dem Boden fixiert wurde. Ein Polizist und ein Notarzt wurden wegen fahrlässiger Tötung zu je sieben Monaten bedingter Haft verurteilt, später das Strafausmaß für den Polizisten auf vier Monate reduziert, weil das Gericht der Ansicht war, dass er sich schulungskonform verhalten habe. Seither sind beim Einsatztraining aller Polizisten Übungen vorgeschrieben, die den sogenannten lagebedingten Erstickungstod bei Einsätzen verhindern sollen.

Bakary J.

Drei Jahre später prügelten Wega-Beamte den Gambier Bakary J. in einer leerstehenden Halle, weil dieser zuvor eine Abschiebung verweigert hatte. Vier Beamte wurden zu bedingten Haftstrafen verurteilt, drei davon mussten 2012 den Polizeidienst quittieren. Im selben Jahr übersiedelte der Menschenrechtsbeirat zur unabhängigen Volksanwaltschaft.

Nach mehreren Härteeinlagen der Polizei bei Kilmaschutzdemos im Vorjahr ist im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen eine völlig neue Kontrollbehörde vorgesehen. Die Umsetzung liegt aber wegen der Coronavirus-Krise auf Eis. (Michael Simoner, 10.6.2020)