NZZ: Angedrohtes "Wegschauen"

"Oft scheint es, als würde die Polizei im "Land der Freien" auf einem Niveau von Gewalt operieren, das eigentlich nicht zu einer westlichen Demokratie passt. Eskalationen enden schnell tödlich, die Ausbildung fördert und die Gesetze erlauben den tödlichen Waffeneinsatz relativ rasch, und die starke Verbreitung von Feuerwaffen in der Bevölkerung hilft zweifellos mit, dass in manchen Fällen zuerst geschossen und dann gefragt wird. (...)

Die Polizei braucht es nach wie vor, das wissen jene am besten, die ihren Schutz am häufigsten nötig haben. Das heißt aber nicht, dass die Polizei so bleiben muss, wie sie ist. Zu lange haben "Polizeigewerkschaften" mit Lobbying und der Drohung des "Wegschauens bei Gefahr" verhindert, dass für ihre Mitglieder eine Rechenschaftspflicht eingeführt wird, die diesen Namen verdient."

Bei den Protesten in den USA nach dem Tod von George Floyd kam es immer wieder zu gewalttätigen Einsätzen der Polizei.
Foto: imago images/ZUMA Wire

FAZ: Polizei nicht isoliert betrachten

"Ohne Zweifel bürdet Amerika zu viele seiner sozialen Probleme der Polizei auf, anstatt auf Vorbeugung und langfristige Linderung zu setzen. Das schadet der öffentlichen Sicherheit. Dabei reicht es allerdings nicht, die Polizei isoliert zu betrachten; das ganze Justizwesen ist ein Labyrinth aus Fehlanreizen. Direkt gewählte Richter und Staatsanwälte profilieren sich mit möglichst vielen Festnahmen und Verurteilungen."

Gazeta Wyborcza: Auch unser Problem

"Das Ausmaß der Reaktionen (...) – Demonstrationen von Lissabon bis Warschau – zeigen, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Polizeigewalt auch unser Problem sind.

In Großbritannien zeigen Untersuchungen, dass Schwarze achtmal häufiger von der Polizei kontrolliert werden als Weiße, und Menschen mit asiatischen Gesichtszügen doppelt so häufig. In der Slowakei werden Roma von der Polizei ähnlich behandelt. In Polen geht die Hetze gegen Menschen anderer Hautfarbe von der Regierung und den regierungsfreundlichen Medien aus. In Deutschland ist Polizeigewalt ein seit langem bekanntes Problem, das von den Politikern ignoriert wird. Untersuchungen zeigen, dass die Betroffenen oft keine Anzeige erstatten, weil sie überzeugt sind, dass die Beamten sowieso ungeschoren davonkommen." (APA/red, 10.6.2020)