Der 16-jährige Johannes porträtiert in einem populären Clip Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Foto: screenshot/youtube

Einen Moment noch, sagt Sebastian Kurz (ÖVP), bevor er die Tür für das Medienteam öffnet, er kümmere sich gerade um die Hilfspakete der Regierung. Dann ist die Klospülung zu hören, bevor "Basti" seine Wohnung vorstellt: So beginnt ein Satireclip dreier Grazer Schüler, die aktuell im Netz für Begeisterung sorgen. Mehr als 200.000 Klicks auf Youtube hatten Johannes, Loric und Elena nicht erwartet, als sie sich dazu entschieden, den Bundeskanzler zu parodieren.

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"Das ist total spontan entstanden", erzählt Kurz-Schauspieler Johannes dem STANDARD. Für die Schule hatten die drei 16-Jährigen in der Vergangenheit fiktive Nachrichtensendungen mit Interviews konzipiert und gedreht, dadurch geisterte die Idee eines Kurz-Sketches schon länger in ihren Köpfen. Dass sie zur Realität wurde, haben sie zumindest teilweise der Selbstisolation aufgrund der Corona-Krise zu verdanken, denn die sorgte dafür, dass Johannes‘ Haarlänge auch wirklich mit jener des Kanzlers übereinstimmt. Nur wenige Stunden zuvor erfuhr Elena, die eine Journalistin spielt, überhaupt von dem Dreh.

Drehbuch spontan entstanden

Das Drehbuch ist vor Ort entstanden. "Ein bisschen was haben wir davor aufgeschrieben", sagt Loric, "haben dann aber praktisch nichts davon verwendet. Das meiste haben wir uns spontan am Set überlegt." Zwei, drei Stunden habe die Aufnahme gedauert. Die drei wollten dabei das Verhalten des Kanzlers aufs Korn nehmen, beispielsweise die Nichteinhaltung des Mindestabstands bei einem Besuch im Vorarlberger Kleinwalsertal, seine Art, zu kommunizieren, oder aber seine Angriffe auf Medien.

Zur Vorbereitung hat sich Johannes, der nebenbei Musik produziert und eine Karriere als Produzent anstrebt, Interviews des Bundeskanzlers angeschaut. Schauspielerische Erfahrungen habe er eigentlich nicht viele: "Ich war früher oft und bin teilweise immer noch an Opernproduktionen beteiligt. Das ist eigentlich das Einzige, wo ich in die Schauspielwelt hineingeschnuppert habe." Für seine Kurz-Imitation wird der in Wien geborene und in Graz aufgewachsene junge Mann von Nutzern vielfach gelobt. Vor allem seine Stimmlage und Gestik wurde positiv aufgenommen. "Ich kann mich gut verwandeln und fühle mich in dem Moment wie eine andere Person", sagt Johannes. Er denke dabei nicht lange darüber nach, wie Kurz handeln würde. "Im Nachhinein sind mir dann ein paar witzige Sachen aufgefallen."

Weitere Projekte geplant

Die erste Zusammenarbeit, auch außerhalb der Schule, ist der Sketch nicht. Schon seit er zehn Jahre alt ist, dreht Loric Filme, dabei immer wieder mit Johannes, der Ideen liefert und sich vor die Kamera stellt. Manchmal unterstützt sie ihre Freundin Elena.

Kennengelernt haben sich die jungen Grazer über die Schule. Bisher stellten sie ihre – durchaus immer wieder humorvollen – Videos nicht ins Netz, der große Erfolg motiviert sie nun dazu, das zu ändern. "Wir haben vor, mehr mit diesem Youtube-Kanal zu machen", sagt Loric. Zunächst wollen sie ihn umbenennen und neu gestalten, dann sollen dort gemeinsame Projekte zu sehen sein.

Woher eigentlich das große politische Interesse in einem so jungen Alter kommt? Das sei selbstverständlich, findet Johannes, schließlich seien sie ja wahlberechtigt. "Es liegt bei uns, dass wir uns bilden, dass wir uns über seriöse Quellen informieren und uns gut auskennen. Alles andere wäre eine Katastrophe." (Muzayen Al-Youssef, 15.6.2020)