Didi Kühbauer war eine Stimme im Paschinger Hörspiel.

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LASK-Trainer Valerien Ismael hat es nach der unglücklichen Niederlage fast die Sprache verschlagen. Seine einst so beliebte Mannschaft hatte zuletzt zwar nicht verbale, aber fußballerische Hänger.

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Rapid siegte beim LASK mit 1:0 ...

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... und liegt plötzlich vier Punkte vor den Linzern.

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Es ist mittlerweile müßig, über den Sinn und Wert von Geisterspielen zu diskutieren. Sie sind in Zeiten von Corona bittere Notwenigkeit. Valerien Ismael, der Trainer des LASK, spricht von einer Wahl "zwischen "Pest und Cholera". Die österreichische Bundesliga hat sich, mit Erlaubnis der Bundesregierung, für Cholera entschieden. Diese Leere und Stille bergen gewisse Reize, man hört endlich den Fußball. Die Protagonisten auf dem Platz sind sich dessen bewusst und um Selbstzensur bemüht. Wobei das leichter gesagt als getan ist. Emotionen sind kaum steuerbar. Sicherungen wurden auch geschaffen, um durchzubrennen.

Ein Hundert Prozent Stegreif

Am Mittwochabend gastierte Rapid beim LASK. Der Platzsprecher, den man auch bei vollen Tribünen hört (Kritiker behaupten, leider), stellte messerscharf fest: "Normalerweise brodelt es jetzt." Da es sich in Pasching um ein kleines Stadion handelt, das mit dem Namen "Raiffeisen-Arena" nur protzt, konnte man einiges, praktisch alles, hören. Drehbuch und Textvorgaben gab es keine – zu einhundert Prozent Stegreif. Man konnte ja nicht wissen, dass Rapid durch ein Tor des Griechen Taxiarchis Fountas in der 87. Minute mit 1:0 gewinnt. Vorweg: Obszönitäten waren rar gesät, obwohl Rapids Geschäftsführer Sport, Zoran Barisic, danach feststellte, dass die Partie "eine ziemliche Rauferei" war.

Okay, ein Spieler hat "Scheißdreck" gesagt, ein anderer "So ein Schas". Die Namen sind der Redaktion bekannt, werden aber nicht einmal unter Androhung von Gewalt preisgegeben. Das Redaktionsgeheimnis ist eine demokratische Errungenschaft. Um Gerüchten vorzubeugen: LASK-Verteidiger Philipp Wiesinger, der mit einem kapitalen Fehlpass das Gegentor verschuldet hat, war es nicht. Er schüttelte nur den Kopf über seinen Aussetzer und verfiel der Sprachlosigkeit.

Kommandos

Auffallend war: Es wurden kaum ganze, zusammenhängende Sätze gesprochen. Keine Gedichte, keine Referate, vornehmlich Wortfetzen, Schreie, Kommandos. Die Zeit im schneller werdenden Fußball ist knapp bemessen. Als äußerst redselig entpuppten sich die Torleute, Alexander Schlager vom LASK und Rapids Tobias Knoflach. Sie müssen positionsbedingt weniger laufen, haben Luft und den Überblick. Eine Auswahl: "Zeit, Zeit", "Tempo, Tempo", "Mehr Höhe", "Zurück", "Pass auf", "Pass", "Zweiter Ball" "Super." Das von allen Beteiligten meist-gebrauchte Wort war eindeutig "Gemma." Diverse Vor- oder Spitznamen wurden gebrüllt – erwartbar.

Die durchaus angespannten Trainer, Ismael und Dietmar Kühbauer, hielten sich vornehmlich in den Coachingzonen auf. Der vierte Schiedsrichter sagte einmal zu Ismael: "Beruhigen Sie sich." Das fiel nicht unter die Rubrik "Aufreger", war aber ein ganzer Satz. Kühbauer wurde vor allem nach dem Tor optisch (enthusiastischer Jubel) und inhaltlich auffällig, sein Monolog war wunderbar dadaistisch. "Ja, ja, ja, jawohl, ja, ja, ja, jawohl, ja, ja, ja, jawohl, ja, ja, ja." Der letzte Pfiff von Schiedsrichter Robert Schörgenhofer beendete das Hörspiel.

Reaktionen

Entscheidend war das Gezeigte. "Dieser Sieg war Goldes wert", sagte Kühbauer. Wohlwissend, dass es einer Portion Glückes bedurfte. Er pries die Mentalität seiner Mannschaft. "Der LASK hat Pressing und Stress ausgeübt. Wir haben das angenommen, uns der Situation gestellt. Zaubern konnte man bei dieser Konstellation nicht." Den Erfolg widmete er einem zehnjährigen, an Krebs erkrankten Buben.

Der LASK hat den Scherben auf, der Rückstand auf Red Bull Salzburg beträgt elf Zähler. Vor drei Monaten war der populärste Klub Oberösterreichs noch das Liebkind der Nation, nun ist man im Nirvana gelandet, die Sympathiewerte liegen unterm Gefrierpunkt. Drei Spiele, ein Punkt. Ismael: "Ein bitterer Moment, das tut weh. Die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, war gut. Wir müssen weiter an uns glauben und uns nicht als Opfer darstellen."

Trauerspiel

Wobei die Linzer ja eher Täter sind. Sie missachteten die Corona-Regeln, hielten vier unerlaubte Mannschaftstrainings ab, wurden mit 75.000 Euro und einem Abzug von sechs Punkten bestraft. Darüber wollte Ismael nicht sprechen. Von diesem selbstverfassten Trauerspiel wollte er auch nichts hören. Am Sonntag geht es in Salzburg weiter. Rapid ist nun Zweiter, empfängt den Wolfsberger AC, Kapitän Stefan Schwab ist gesperrt. Es gibt für beide Partien keine Textvorgaben. (Christian Hackl, 11.6.2020)