Mitte Mai versammelten sich tausende Menschen in Sarajewo, um gegen Faschismus zu demonstrieren.

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Kaum ein anderes historisches Ereignis polarisiert derart. Heuer fand das Treffen in Bleiburg wegen der Corona-Krise nicht statt. Offen ist, wie in Zukunft dessen gedacht werden könnte, dass die Jugoslawische Armee 1945 etwa 60.000 Personen, darunter Slowenen, Kroaten, Bosnier, Montenegriner, Serben, Österreicher und Kosaken erschoss – die meisten auf heute slowenischem Territorium. Viele dieser Leute gehörten Heimwehren, Ustascha und Tschetniks an, manche waren aber Zivilisten.

Grüne, SPÖ, ÖVP und die Neos wollen das Treffen in Bleiburg künftig ganz verhindern. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat nun eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe eingesetzt. Geplant waren für Mai die "Bleiburger Dialogtage", um Gespräche zwischen Gegnern und Befürwortern des Gedenkens zu ermöglichen. Doch die Pandemie verhinderte dies.

Der Historiker Vjeran Pavlaković von der Universität Rijeka verweist auf die Idee, das Gedenken an einem anderen Ort zu verlegen, etwa nach Tezno in der Nähe von Maribor. Dort wurde 1999 beim Bau der Autobahn ein Massengrab entdeckt, in dem Skelette von 1179 Menschen gefunden wurden. Es handelte sich großteils um Armeeangehörige des faschistischen NDH-Staates.

Kroatiens Präsident Zoran Milanović meint, an einem solchen Ort der Verbrechen der Kommunisten gedenken zu können. Bleiburg in Kärnten wurde von Ex-Offizieren der Ustascha ja nur deshalb gewählt, weil es im kommunistischen Jugoslawien verboten war, an Verbrechen der Partisanen zu erinnern. In Bleiburg selbst wurden geschätzt etwa 40 bis 50 Personen getötet, so Pavlakovic.

Von Rechtsextremen gekapert

Die Gemeinde ist nicht nur als Erinnerungsort wenig geeignet, weil die Massenverbrechen woanders stattfanden, vor allem aber wurde das Gedenken in Bleiburg durch die extremen Rechten "vergiftet" und "gekapert", wie Pavlaković meint. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die kroatische Regierung das "monopolisierte Narrativ" eines privaten Vereins finanziere. Aber auch die politische Linke habe eine Mitverantwortung. Denn sie habe sich in der Vergangenheit nicht um eine andere Art des Gedenkens bemüht.

Pavlaković schätzt, dass 40 Prozent der Besucher in Bleiburg ein "authentisches Anliegen" hätten, weil etwa Angehörige von ihnen Opfer des Kommunismus waren. Für weitere circa 40 Prozent würde Bleiburg zum nationalistischen Narrativ der kroatischen Nation passen. Zehn bis 20 Prozent der Besucher würden Anhänger von rechtsextremen Ideologien sein.

In den vergangenen Jahren habe es der politischen Rechten in Kroatien aber geholfen, dass das Gedenken nach Österreich ausgelagert war, denn damit konnte auch das problematische Verhalten einiger Teilnehmer exportiert werden, meint der Historiker. Er zeigt Verständnis dafür, dass Österreich die Veranstaltung verbieten will. In Kroatien selbst hat das Institut für Geschichte zu dem Thema geforscht, doch die wissenschaftliche Arbeit sei noch nicht ausreichend in die Politik eingeflossen. (Adelheid Wölfl, 11.6.2020)