Sie können einander nicht leiden, sollen aber gemeinsam einen riesigen Korruptionsverdacht rund um die Causa Ibiza aufklären: Das klingt nach einem schlechten Hollywood-Film, ist in Österreich aber Realität. Was die Soko Tape und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) einander zuletzt öffentlich ausgerichtet haben, hinterlässt Wunden. Schon jetzt kann man sagen, dass dieses Duell keine Gewinner haben wird. Dafür gibt es einen großen Verlierer: den Rechtsstaat, dem die Bevölkerung nach diesem unwürdigen Hickhack nicht mehr ihr volles Vertrauen schenken wird.

Schon vom Start der Ibiza-Ermittlungen an gab es großes Misstrauen zwischen den beiden Behörden. Im Innenministerium ist die WKStA nicht besonders wohlgelitten, nicht zuletzt wegen ihrer desaströs mangelhaften Ermittlungen zum Verfassungsschutz. Dort ließ sich die Behörde von der FPÖ instrumentalisieren, was verheerende Folgen für den eher türkis eingestellten Sicherheitsapparat hatte. Eine Anklage gibt es in der Causa BVT übrigens noch immer nicht – ebenso wenig wie eine Entschuldigung der WKStA.

Strache-Fan soll gegen Strache ermitteln

Aber auch die Soko ist an Reflexion und Einsicht nicht interessiert. Da sucht sich Soko-Leiter Andreas Holzer ausgerechnet einen Polizisten aus, der Fan-SMS an den einstigen Vizekanzler Heinz-Christian Strache schreibt, um ihn dann in der Strafsache gegen Strache (Casinos) und in der Strafsache mit Strache als Geschädigtem (Ibiza-Video) ermitteln zu lassen. Bis heute bleibt Holzer stur dabei, dass der Einsatz des Polizisten kein Fehler gewesen sei. Aus dem BVT wiederum zieht die Soko einen Ermittler heran, gegen den die WKStA zuvor noch ermittelt hat. Fingerspitzengefühl sieht anders aus.

Daraufhin sind Soko und WKStA wiederholt aufeinandergeprallt. Die gesamten Ermittlungen begleitete bedrohliches Rauschen im Hintergrund. Doch jetzt herrscht offener Krieg, weil die Soko der WKStA nicht mitteilte, dass das Ibiza-Video gefunden wurde.

Die Staatsanwaltschaft hat schon recht, dass das "brüskierend" gewesen sei. Ein Anruf von wenigen Sekunden ("Wir haben es!") hätte gereicht, um die Eskalation zu vermeiden. Dass die Staatsanwaltschaft Wien den Kollegen der WKStA ebenso wenig Bescheid gab wie der Justizministerin, ist ein anderes Kapitel dieser Geschichte – das auch Bände spricht.

Inszenierung als gallisches Dorf

Mit Ruhm befleckt hat sich die WKStA auch nicht. Die Korruptionsjäger inszenieren sich als gallisches Dorf, das von allen Seiten attackiert wird. Das ist so nicht ganz richtig. Die Behörde verfolgt damit wohl den langgehegten Plan, eine eigene Justizpolizei zu bekommen, um völlig frei ermitteln zu können.

Natürlich sollte es nicht passieren, dass die Polizei mangelhaft aufbereitetes Material, etwa unlesbare Scans, an die WKStA übermittelt. Vonseiten der Korruptionsjäger aber so zu tun, als wäre die Soko so untätig wie unfähig, ist nur mehr ein Revanchefoul.

Allein dass die Öffentlichkeit über diesen Streit spricht statt über Ibiza, Korruption und politisches Fehlverhalten, ist ein enormer Schaden. Man kann nur hoffen, dass sich die Beziehung reparieren lässt. Hier sind auch Innenminister und Justizministerin gefragt. Wichtig wäre, dass der U-Ausschuss weiter die Situation im Auge behält. Denn unbeaufsichtigt werden die beiden so wichtigen Ermittlungseinheiten offenbar zu kleinen Kindern, die einander nichts gönnen und gern den anderen anschwärzen. (Fabian Schmid, 12.6.2020)