Laura Rudas 2014 in ihrem früheren Leben als SPÖ-Geschäftsführerin und -Abgeordnete.

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Sie ist zurück im Mediengeschäft, aber ganz woanders, als sie 2014 aufgehört hat: Laura Rudas, einst Bundesgeschäftsführerin der für sehr nutzenorientierte und machtbewusste Medienpolitik bekannten Faymann-SPÖ, wird demnächst Mitglied des Verwaltungsrats im zweitgrößten Schweizer Verlagskonzern Ringier mit der dort zweitgrößten Boulevardzeitung "Blick".

Zwischen der vielkritisierten und auch belächelten SPÖ-Jungpolitikerin Rudas mit aufsehenerregenden ORF-Personalia wie einem wegen Widerständigkeit abgesetzten ORF-Infodirektor Elmar Oberhauser und einem beinahe als ORF-Generalsbürochef installierten Niko Pelinka aus Rudas' rotem Freundeskreis und nun der Ringier-Verwaltungsrätin aus Österreich liegt nicht allein beruflich Wesentliches.

Stanford und Palantir

Die heute 39-Jährige hat ihre SPÖ-Funktionen und ihr Mandat Anfang 2014 zurückgelegt und ging nach Kalifornien, um an der so digitalen wie elitären Universität Stanford den "Master of Science in Global Innovation and Leadership" zu machen. Der "Kurier" schrieb damals, ihr Mann Markus Wagner habe ihr dazu geraten.

Wagner hat sein 2000 gegründetes Mobilkommunikations-Start-up Xidris, fusioniert mit der 3 United AG, zu schönen Konditionen 2006 an Verisign in die USA verkauft und danach noch laut CV mit US-Medienkonzernen wie NBC, CBS, Fox und Clearchannel interaktive Angebote entwickelt. Wagner ist inzwischen, sehr grob gesagt, Tech-Investor, etwa mit i5 Invest (wo Österreichs Medienkonzerne und -macher von Dichand über Styria bis Russ in den vergangenen Jahren mit in digitale Hoffnungen investierten).

Rudas wiederum ist seit ihrem Stanford-Studium Executive Vice President Strategy bei dem amerikanischen Softwareunternehmen Palantir Technologies. Palantir ist auf die Analyse von Big Data spezialisiert, so stellte Ringier seine neue Verwaltungsrätin diesen Mittwoch mit den Geschäftszahlen für 2019 vor.

Palantir sorgt gerade für Schlagzeilen mit seiner Software "Gotham", die Europol seit 2017 für die "operative Analyse von Daten zu Terrorismusbekämpfung" einsetzt. Gotham verwenden auch Geheimdienste und Polizeibehörden in den USA. Und Palantir wie die Software sind, so formulierte es etwa der "Spiegel" gerade, "umstritten" – wegen persönlicher Verbindungen zu Cambridge Analytica und des Verdachts auf Datenabfluss in die USA.

Digitale Kompetenz

"Als Palantir-Verantwortlicher für Strategie und internationales Wachstum liegt ihr Fokus auf der Unterstützung von Vorständen globaler Firmen sowie Regierungsvertretern bei der digitalen Transformation", erklärte Ringier sein neues Verwaltungsratsmitglied Laura Rudas.

Rudas' Vorgängerin im Ringier-Verwaltungsrat war Christiane zu Salm, um 2000 Geschäftsführerin von MTV Deutschland und danach Gründerin und Gesellschafterin des Gewinnspielfernsehkanals 9 Live, bis 2018 war Salm verheiratet mit dem ProSieben-Gründungsmanager Georg Kofler.

Neu im Ringier-Verwaltungsrat mit Rudas ist nun auch Roman Bargezi, Sohn von Ringier-Mitbesitzerin Evelyn Lingg-Ringier. Ringier-CEO und -Aktionär Marc Walder erklärt die Neuzugänge per Presseinfo so: "Der Ausbau der digitalen Kompetenz auf Stufe des Verwaltungsrates ist ein deutliches Zeichen der Ringier-Aktionäre, konsequent an der Fortsetzung der digitalen Transformation der Unternehmensgruppe festzuhalten."

Neu unter den familiendominierten Ringier-Aktionären ist seit diesem Jahr der Schweizer Versicherungskonzern Mobiliar mit 25 Prozent, der auch gleich zwei neue Ringier-Verwaltungsräte stellt (den Mobiliar-Verwaltungsratspräsidenten und den CEO der Versicherungsgruppe).

"Heute"-Konkurrenz

Die Nummer eins in der Schweizer Massenpresse ist die Gratiszeitung "20 Minuten" und im Verlagsgeschäft nach Umsatz deren Mutterkonzern TX Group (bis vor wenigen Monaten noch als Tamedia branchenbekannt). Die TX Group ist inzwischen in Österreich an einem Medium beteiligt, das Faymänner in und aus der SPÖ gegründet beziehungsweise groß gemacht haben: der Gratiszeitung "Heute".

TX-Konkurrent Ringier betreibt mit dem "Blick" so etwas wie die Schweizer "Krone", die größte Boulevardtageszeitung, die gegen Geld vertrieben wird – weit entfernt von österreichischen "Krone"-Dimensionen mit rund 8,5 Prozent Reichweite in der Deutschschweiz; der "Blick" hat nicht einmal halb so viele Leser wie die Gratistageszeitung "20 Minuten".

Österreichs Kauftageszeitungsriese "Krone" indes hat 27,2 Prozent Reichweite österreichweit, "Heute" national 12,2 Prozent. In Österreich sind an der Nummer eins wie an der Nummer zwei Mitglieder der Familie Dichand wesentlich beteiligt – und beide Titel waren Werner Faymann überaus nahe. (fid, 12.6.2020)