Feministische Avantgarde im Untergeschoß der "Albertina Modern": links an der Wand Arbeiten von Margot Pilz aus dem Fundus der "Galerie 3", wo bereits Kaufinteresse deponiert wurde.

Foto: Rupert Steiner

Florentina Pakostas großformatige Kreidezeichnungen, die Klaus Albrecht Schröder 1984 für 40.000 Schilling erwarb, sind sein "privater" Beitrag zur Ausstellung.

Foto: O. Kronsteiner

Die fiktiven Babyelefanten machen sich in der Albertina Modern im Künstlerhaus momentan rar. Wenn, dann sind sie im Erdgeschoß anzutreffen, im Untergeschoß eher nicht. Seit das Ausstellungsdebüt The Beginning am 27. Mai eröffnete, erfreut es sich eines Zulaufs, mit dem selbst der erfolgsverwöhnte Albertina-Direktor derzeit nicht gerechnet hätte.

Am Pfingstwochenende sei man trotz Regengüssen Schlange gestanden, zählte man 1300 und mehr Besucher, so Klaus Albrecht Schröder. An der Hauptfront zeichnet sich dagegen ein Debakel ab: Mit 500 täglichen Stippvisitlern wäre man ja glücklich, deren 300 sind angesichts laufender Kosten schlicht zu wenig.

Der Reiz des Neuen und das Thema der Schau scheint das ausgehungerte Museumspublikum förmlich in die neue Dependance der "Albrechtina" zu treiben. So nannte der Falter dieses Bundesmuseum schon einmal ironisch, dem Schröder seit 21 Jahren konsequent seinen Stempel aufdrückt. Bis zum Holzboden und den Sesselleisten möchte man im Künstlerhaus jetzt durchaus spötteln.

Dabei sei diese Wortkreation aus historischer Sicht nicht so falsch, wie der Hausherr eingesteht. Denn der namensgebende Herzog von Sachsen-Teschen, Begründer der Sammlung, habe hierzulande ja nicht mit der französischen Variante seines Namens "Albert", sondern mit dem deutschen "Albrecht" gezeichnet. Sei es, wie es sei.

Subventionierte Erweiterung

Für Kunst in Österreich 1945 bis 1980 (bis 15. 11.) hat der gegenwärtige Imperator, unterstützt von einem fünfköpfigen Kuratorenteam, 370 Werke von 74 Künstlerinnen und Künstlern zusammengetragen: Etwa 170 steuern Leihgeber bei, der Rest kommt aus dem Eigenbestand, zu dem auch die geschenkweise überlassene Sammlung Essl mit rund 1400 Kunstwerken sowie die Dauerleihgabe der Familie Haselsteiner bis 2044 gehören.

Aus dem Besitz von Philipp Konzett, Sammler und Kunsthändler, stammt etwa diese auch als "Gerümpelskulptur" geläufige Assemblage von Padhi Frieberger aus den 1950er Jahren.
Foto: Rupert Steiner

Das Kulturministerium ließ dafür zusätzlich zur jährlichen Basisabgeltung (7,74 Mio.) bislang 800.000 (2018) bzw. 850.000 Euro (2019) springen. Dem Vernehmen nach sollen für diesen Sonderposten heuer bis zu 1,5 Millionen Euro budgetiert worden sein. Damit würde eine Forderung Schröders erfüllt, der schon 2018 verkündete, für die Programmgestaltung im Künstlerhaus mehr Geld zu benötigen. Auch weil es Lücken in der Sammlung Essl zu schließen gelte: nicht nur über Schenkungen.

Ankäufe und private Gaben

Zu Ankäufen kam es jetzt im Vorfeld der Schau, bei der man sich vor allem mit Leihgaben behalf: aus dem Wien-Museum, der Artothek des Bundes sowie zahlreicher Privatsammlungen. Herbert Liaunig sei hier mit 17 Werken, darunter Geometrisches von Helga Philipp oder Richard Kriesche, erwähnt. Ebenso die Dichands, die ihren Streit um die Sammlung des 2010 verstorbenen Familienoberhauptes noch nicht beigelegt haben sollen. Zwei Werke Eduard Angelis kann man dennoch öffentlich bewundern, Neues Land (1974) und Der Mittag 2 (1974).

Einiger Überredungskunst bedurfte es jedoch im Falle Christian Bahas. Der Superfund-Gründer nennt die größte Privatsammlung an Werken Hundertwassers sein Eigen: Fünf davon gastieren derzeit im Leopold-Museum. Spielen alle Leihgeber mit, könnte der Imagine Tomorrow betitelte Hundertwasser-Schiele-Dialog bis Ende des Jahres verlängert werden. Dort kann man mit Der große Weg (1955), eines der Hauptwerke des Künstlers, aus dem Bestand des Belvedere bewundern. Es hing einst im Büro des ehemaligen Bundeskanzlers Bruno Kreisky.

Das Pendant Stadt von jenseits der Sonne aus gesehen ersteigerte Baha 2017 bei Christie’s in Paris für 523.500 Euro. Ein bis heute gültiger Auktionsweltrekord. Für The Beginning wollte, ja brauchte Klaus Albrecht Schröder dieses Spiralbild.

Bahas Bereitschaft soll sich vorerst in Grenzen gehalten haben. Der Grund: die STANDARD-Berichterstattung über das Bild, das eine Zeitlang im Büro des Ex-Vizekanzlers Heinz-Christian Strache hing.

Kunsthandel als Leihgeber

Weitere 30 Leihgaben stammen aus dem Kunsthandel. Etwa von Philipp Konzett: "Im Hauptberuf bin ich Sammler, nebenberuflich Händler". Letzteres sei "eine Notwendigkeit, damit der Sammler existieren" könne, betont er. Er lieh etwa frühe Passstücke von Franz West. Zwei Gemälde von Robert Klemmer verkaufte er vorab an die Albertina: darunter die Plakatvorlage des im grün-gelb gestreiften Anzug Laufenden. Den Verkaufspreis will Konzett nicht nennen. Nur so viel: weit unter 100.000 Euro für beide. Das Mumok habe sich vor Jahren ja nicht zu einem Ankauf durchringen können. Blamabel, wie er findet, zumal sich jetzt Schröder die museale Entdeckung an die Fahnen heften darf.

2017 bewilligte Superfund-Gründer Christian Baha für "Stadt von jenseits der Sonne aus gesehen" mit 523.500 Euro den vorläufigen Hundertwasser-Auktionsweltrekord (Christie’s Paris). Nach einem Gastspiel im Büro des Ex-Vizekanzlers HC Strache ist es jetzt in der "Albertina Modern" öffentlich zu sehen.
Foto: O. Kronsteiner

Aus dem Fundus der "zs art galerie" (Wien) wählten die Kuratoren acht Papiercollagen von Ingeborg Pluhar. Vier weitere Collagen aus der Illuster-Serie (1972/73) Pluhars setzte Andrea Zehetbauer schon vorab an die Albertina ab. Der reguläre Galeriepreis für vergleichbare Arbeiten liegt bei rund 2800 Euro.

Als Repräsentantin der feministischen Avantgarde wird Margot Pilz von der "Galerie 3" (Klagenfurt) vertreten sein, die ihre Fotoarbeiten sonst auf Kunstmessen und jetzt in der Albertina Modern präsentiert: darunter auch der Reprint der sechsteilige Hände-Serie (1978/2018). Laut Lena Freimüller stößt sie bereits auf Kaufinteresse. Für 20.000 Euro wäre sie zu haben.

Ein Interessenskonflikt?

Zu guter Letzt sollte eine "prominente" Leihgabe nicht unerwähnt bleiben: die beiden sonst das Wohnzimmer des Hausherrn schmückenden Großformate von Florentina Pakosta, der Schröder in der Albertina bereits 2003 und 2018 Ausstellungen widmete. Ihre lavierten Kreidezeichnungen Hemmungen und Gebrochenes Selbst (beide 1976) erwarb er 1984: für 40.000 Schilling, die er über viele Monate abstotterte.

Soll ein Direktor Werke aus eigenem Besitz auch in "seinem" Museum präsentieren, mögen kritische Geister fragen. Angesichts der über Ausstellungen generierbaren Wertsteigerung, könnte man einen Interessenkonflikt wittern. Einen solchen weist Schröder als kurios von sich. In den für Museen geltenden Compliance-Richtlinien ist es nicht geregelt. (Olga Kronsteiner, 13.6.2020)