Ist Schutz nicht nur vor dem Virus sondern auch, im übertragenen Sinne, vor überbordendem Nachrichtenkonsum wichtig?

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Sophie Lecheler ist Professorin für Politische Kommunikation an der Universität Wien und forscht zu politischem Framing und den Effekten von Nachrichtenkonsum.

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Nicht nur einzelne Worte, auch Führungspersönlichkeiten und wie sie in Coronazeiten zu uns sprachen, bleiben in Erinnerung: die Begründung für die ungewohnten Maßnahmen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen: "Wir tun es, weil es das Richtige ist." Der Glaube an das Gute bei der 94-jährigen Queen: "We will meet again." Die Sachlichkeit Angela Merkels: "Die Lage ist ernst. Nehmen Sie sie auch ernst." Die Empathie und Direktheit von Jacinda Ardern: "I thought I would jump online quickly and check in with everyone …"

Auffallend ist, dass Persönlichkeiten an der Spitze von Staaten, die Einfühlsamkeit zeigten, Ermutigung zusprachen und wissenschaftsbasiert argumentierten, bei der Bevölkerung am besten ankamen. Fakt ist, dass vor allem die Kommunikation von Frauen diesen Kriterien entsprach.

Angst und Wut haben Macht und können mobilisieren. Wie mit Menschen im Ausnahmezustand gesprochen wird und was dazu in den Nachrichten zu lesen steht, ist höchst relevant für den kollektiven Gemütszustand. Viele Medien – abgesehen von einigen, die sich sachlich und lösungsorientiert an ihre Leser*innen wenden – setzen auf dystopische Schlagzeilen.

Informationen über Covid-19 erreichen uns visuell aufbereitet rund um die Uhr auf allen Geräten und in allen Sprachen. Dies führt zu einem Phänomen, das in der Forschung als "Nachrichtenvermeidung" bezeichnet wird, weiß Professorin Sophie Lecheler: Bürger*innen wenden sich bewusst – auch längerfristig – von den Medien ab, um nicht negativ beeinflusst zu werden. So wichtig Nachrichten in Krisenzeiten auch sind, sie selbst können zur "Infodemie" mit unbeabsichtigten Nebenwirkungen wie schlechter Stimmung, körperlichen Belastungen und Vertrauensverlust führen.

Wie erlebten Sie die Corona-Infodemie?

Was denken Sie: Wird sich in der Politik durch die Erkenntnis, dass ermutigende, wissenschaftsbasierte Kommunikation positiv angenommen wird, etwas ändern? Wie konstruktiv haben Sie die Berichterstattung zu Corona in den verschiedenen Medien erlebt? Wie ist es Ihnen mit der Nachrichtenflut der vergangenen Wochen ergangen, und hat sich Ihr Nachrichtenkonsum verändert? (Sophie Lecheler & ugc, 16.6.2020)