FBI-Fallanalytiker Jonathan Groff in "Mindhunter", hier mit Kollegen Albert Jones.

Foto: Netflix

Edmund Kemper freut sich, über seine Verbrechen sprechen zu können. Über jene, die er überrumpelt, geköpft, verstümmelt hat. "Menschen wie ich, die andere Menschen aus Berufung jagen, wollen gerne darüber reden, wie das so ist", sagt der schwergewichtige Mann im Gesprächsraum des Zuchthauses Vacaville höflich zu seinem Gegenüber: "Ist nicht einfach, Menschen abzuschlachten. Ist harte Arbeit."

Holden Ford (Jonathan Groff) schreibt fasziniert mit. Der FBI-Mann sieht den aufgeräumten Verbrecher Kemper (Cameron Britton) als Forschungsobjekt. Dass Kemper auch umgekehrt ihn, den Polizisten, als Forschungsobjekt sehen könnte, kommt Ford dabei nicht in den Sinn. Das wird später üble Folgen haben.

Pionierarbeit am Serienmörder

Die Netflix-Serie "Mindhunter" ist dem Genre True Crime zuzuordnen und ist ebenso wie der Welterfolg "House of Cards" von David Fincher produziert. Die Serie beginnt im Jahr 1977 und erzählt die Pionierarbeit der FBI-Fallanalytiker John E. Douglas und Robert Ressler bei der Erforschung des Phänomens Serienmörder. Ja, sie machten das Wort "Serienmörder" überhaupt erst populär. Selten ist ein Stück Kriminal-Geschichte so spannend erzählt worden.

Die beiden Polizisten heißen hier Holden Ford und Bill Tench (letzterer gespielt von Holt McCallany). Vieles ist frei erzählt, doch die Protokolle der Mörder sind wirklichkeitstreu, oft sogar Wort für Wort. Stundenlang waren die Visagisten zudem bei den Dreharbeiten zugange, um etwa im Fall von Charles Manson ein perfektes Ebenbild des weltweit so bekannten mörderischen Sektenführers auf das Gesicht des Schauspielers zu zaubern. Und nicht nur das: Überhaupt ist auffällig, mit welch extremer Akribie die Ausstatter diese Serie bis ins kleinste Detail im Stil um 1980 gestalteten.

Jonathan Groff, dessen Engelsgesicht Zuschauer unter anderem aus der Serie "Glee" kennen, verleiht Holden Ford einen faszinierende Mischung zwischen naivem Forscherdrang, Leichtsinn und kühler Routine. Das ausgezeichnete Drehbuch hält nicht nur für diese Hauptfigur extreme Erfahrungen im Umgang mit Abgründen bereit. 2017 ging die erste Staffel online, 2019 die zweite. Leider verdichten sich die Anzeichen, dass es keine dritte Staffel geben wird. Das sollte aber niemanden davon abhalten, die bisher abgedrehten 19 Folgen zu sehen, allein schon wegen des großartigen Soundtracks. (APA, dpa, 12.6.2020)