Die Regierung will den Mehrwertsteuersatz für Wirte auf fünf Prozent senken.

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Mit einer vorübergehenden Umsatzsteuersenkung auf fünf Prozent will die Regierung den besonders stark von der Corona-Krise betroffenen Bereichen Tourismus, Gastronomie sowie Kunst und Kultur unter die Arme greifen. Insgesamt wird für diese Maßnahme ein Volumen von 500 bis 700 Millionen Euro veranschlagt, wie Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) auf einer Pressekonferenz am Freitag erklärte. Der niedrigere Steuersatz soll von 1. Juli bis Jahresende gelten.

Regierung schraubt an Mehrwertsteuer.
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Als weitere Maßnahme zur Unterstützung von Unternehmen kündigte er eine "Verlustrückvergütung" an, wobei heuer erlittene Verluste mit Gewinnen von 2019, möglicherweise auch 2018, gegenverrechnet werden können. Des Weiteren sollen Kreditstundungen, bisher bis Oktober befristet, bis 15. Jänner 2021 verlängert werden – und zwar auf gesetzlicher Basis, damit Betriebe keine Verlängerung beantragen müssen. Zudem soll der Fixkostenzuschuss zeitlich und von den Kriterien her adaptiert werden.

Auch für alkoholische Getränke

Von der Umsatzsteuersenkung betroffen sind sämtliche Speisen und Getränke in der Gastronomie, auch alkoholische. "Wir wollen eine zeitlich befristete Ausnahme für diesen besonders betroffenen Bereich", sagte Blümel. Dafür stehe man bereits in Kontakt mit der EU, um dafür grünes Licht zu bekommen. "Wir hoffen, diese Erlaubnis zu erhalten."

Den Betrieben empfiehlt der Finanzminister, die Steuerersparnis "als Ankurbelung für den eigenen Unternehmenserfolg nehmen zu können". In anderen Worten: Die Kostenersparnis solle nicht in Form von Preissenkungen an die Gäste weitergereicht werden – wobei die Entscheidung natürlich den Betrieben überlassen bleibe.

"Wir wollen eine spürbare Entlastung für die Gastronomie umsetzen", sagte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) über die Umsatzsteuersenkung als Teil eines ganzen "Bündels an Maßnahmen". Hinsichtlich des Fixkostenzuschusses werde im Tourismus auf spezielle Gegebenheiten Rücksicht genommen. So könnten etwa Reisebüros Personalaufwendungen anrechnen lassen, da diese durch die Abwicklung der Stornierungen zusätzlich angefallen seien.

Entlastung für Kunst und Kultur

Auf den Bereich Kunst und Kultur entfallen bei der Umsatzsteuersenkung etwa 150 bis 200 Millionen Euro, wie die Staatssekretärin Andrea Mayer erläuterte. Darin inkludiert sollen ihr zufolge alle Bereiche werden, also vom "Verkauf eines Gemäldes über ein Buch in der Buchhandlung bis zum Kino- und Museumsticket". Für Zeitungen und andere periodische Druckschriften soll dies ebenfalls gelten. Ein weiteres Paket, das Perspektiven für Kunst und Kultur im Herbst eröffnen soll, werde derzeit mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verhandelt. Details werden Mayer zufolge nach der Regierungsklausur in der nächsten Woche, bei der auch die zuvor genannten Maßnahmen beschlossen werden, präsentiert.

Weitergabe in Bundestheatern noch offen

"Das ist grundsätzlich sehr erfreulich", begrüßte am Freitag Christian Kircher als Chef der Bundestheater-Holding die Entscheidung der Bundesregierung, die Mehrwertsteuer etwa für Theater- und Musikveranstaltungen bis Jahresende auf fünf Prozent zu senken. "Allerdings können wir jetzt noch nicht sagen, ob oder in welchem Ausmaß wir die Mehrwertsteuersenkung an unser Publikum weitergeben werden."

Dazu sei die Maßnahme zu überraschend gekommen und die gesetzliche Regelung noch nicht bekannt, so Kircher. Schließlich gelte es zu bedenken: "Die Veranstaltungen in unseren Häusern sind mitsamt dem Preisgefüge bereits publiziert, und der Verkauf für den Herbst hat begonnen." Deshalb werde man erst kommende Woche das weitere Vorgehen in dieser Frage festlegen können. Zur Bundestheater-Holding gehören als Bühnengesellschaften das Burgtheater sowie die Volks- und die Staatsoper.

Mehrwertsteuersenkung auch für Übernachtungen gefordert

Von den Vertretern der betroffenen Branchen werden die Ankündigungen zwar begrüßt, aber Nachbesserungen gefordert. "Die Senkung der Mehrwertsteuer auf fünf Prozent sollte nun unbedingt auch auf Übernachtungen erfolgen", sagte Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbands Hotellerie, in einer Aussendung. Für Übernachtungen gilt ein Steuersatz von zehn Prozent. "Gleiches Recht für alle – denn wieso sollte das Schnitzel steuerlich begünstigt werden, die Nacht in der Pension allerdings nicht?", meint Neos-Wirtschafts- und Kultursprecher Sepp Schellhorn.

SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter hegt die Befürchtung, dass das heute angekündigte Paket der großen Mehrheit der Wirtinnen und Wirte wenig bringen wird. "Es wird sich herausstellen, dass die Mehrwertsteuersenkung eine Millionen-Förderung für McDonald's ist, aber der Wirt ums Eck vergleichsweise wenig davon hat." Matznetter erneuerte die Forderung der SPÖ, dass den Betrieben am besten geholfen wäre, wenn man ihnen die volle Entschädigung nach dem Epidemiegesetz zugestehen würde. (aha, red, APA, 12.6.2020)