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  • Update 23. Juni: Digitale Medien nicht im Gesetzesantrag Der Entwurf zur temporären Senkung der Mehrwersteuer passierte am 23. Juni den Finanzausschuss des Nationalrats. Digitale Versionen von Zeitungen oder Zeitschriften sind nicht in diesem Gesetzesänderungsantrag erwähnt.

Nur fünf Prozent Mehrwertsteuer fallen im zweiten Halbjahr 2020 für Schnitzel, Krügel und Gemälde an, aber auch für Zeitungen und Zeitschriften. Freitag gab Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) die auf sechs Monate befristete Steuersenkung für einige Corona-belastete Sektoren bekannt – Gastronomie, Kultur, Medien. Der Zeitungsverband verweist auf ähnlich niedrige Steuern für Publikationen in Europa und fordert, doch gleich bei dem reduzierten Steuersatz für sie zu bleiben.

"Was die Krise alles möglich macht"

Der Zeitungsverband fordert eine deutlich günstigere Mehrwertsteuer für Zeitungen und Zeitschriften seit Jahren, erinnert VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger Freitag im Gespräch mit dem STANDARD. Bisher stand dem die EU-Mehrwertsteuerrichtlinie entgegen, die nur zwei Ausnahme-Steuersätze vorsieht – und Zeitungen sind schon auf dem niedrigeren der beiden hiesigen mit zehn Prozent. "Was die Krise alles möglich macht", freut sich Grünberger über die Bewegung. Er empfiehlt, die Befristung bis Ende 2020 zu überdenken und möglichst gleich bei dem Steuersatz für seine Branche zu bleiben.

"Selbstverständlich sind wir an einer dauerhaften Lösung in diesem Zusammenhang interessiert und und appellieren an die europäische Politik, die Impulse in den Mitgliedsstaaten entsprechend zu unterstützen", erklärt VÖZ-Präsident und Styria-Vorstandschef Markus Mair in einer Aussendung zur Steuersenkung.

Mair und Grünberger verweisen auf rund drei Prozent Steuer etwa in Frankreich auf Zeitungen, sieben Prozent in Deutschland und eine Mehrwertsteuerbefreiung etwa in Großbritannien und Skandinavien.

"Wichtiger Konjunkturimpuls"

"Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Zeitungen, Magazine und deren Onlineausgaben auf fünf Prozent ist ein wichtiger Konjunkturimpuls", erklärt Mair: "Vor allem die Mediengattung Print, also Zeitungen und Magazine, war in den letzten Monaten mit rund 50 Millionen Euro am schwersten durch den Anzeigenrückgang betroffen. Die nunmehrige Maßnahme für das zweite Halbjahr ist ein richtiger Schritt, der das erfolgreiche Vertriebsmodell der österreichischen Zeitungen und Magazine unterstützt und stärkt", findet Mair.

Die Corona-Steuersenkung soll nach Grünbergers Wissensstand für gedruckte wie digitale Zeitungen, Zeitschriften und Büchern gelten. In Gernot Blümels Büro wollte man sich am Freitag noch nicht festlegen, ob die Steuern allein für gedruckte oder auch für digitale Publikationen über die kommenden sechs Monate halbiert werden. Die Details würden noch ausgearbeitet, hieß es dort auf STANDARD-Anfrage.

Reduzierter Satz für digitale Publikationen

Für digitale Publikationen hat Österreich die Mehrwertsteuer erst zu Jahresbeginn halbiert – bis dahin galt für gedruckte Zeitungen und Zeitschriften der reduzierte Steuersatz von zehn Prozent, für Onlinepublikationen aber der Normalsatz von 20 Prozent. Haben Österreichs Verlagshäuser die digitalen Abopreise an die Kunden weitergegeben? Grünberger berichtet von unterschiedlicher Umsetzung. So fielen etwa bei einzelnen Medienhäusern die jährlichen Abopreisanpassungen im Gegenzug moderater aus.

Wie gehen die österreichischen Verlagshäuser mit der Freitag verkündeten, auf sechs Monate befristeten Mehrwertsteuersenkung um? DER STANDARD bekam auf Anfragen bei einzelnen Medienunternehmen am Freitag vorerst keine konkreten Angaben darüber.

Die Steuersenkung kann, wenn die Abopreise nicht im gleichen Ausmaß gesenkt werden, einige Mehreinnahmen für Medienunternehmen bedeuten, deren Werbeeinnahmen mit dem Corona-Lockdown drastisch eingebrochen sind.

"Krone"-Millionen

Ein (sehr grobes) Rechenbeispiel für die weitaus größte Zeitung des Landes: Ein Jahresabo der "Krone" kostet regulär rund 334 Euro. Der Österreichischen Auflagenkontrolle meldete die "Krone" für 2019 im Jahresschnitt 581.972 Abos, davon 464.388 voll bezahlt, die übrigen erlösen 30 bis 79 Prozent des regulären Abopreises. Fünf Prozent weniger Mehrwertsteuer pro Abo sind rund 15 Euro, für ein halbes Jahr kann man für dieses grobe Beispiel von 7,50 Euro ausgehen. Multipliziert mit der Zahl der Vollzahlerabos ergibt das immerhin rund 3,5 Millionen Euro.

Deutsche Verhältnisse

Deutschland senkt die Mehrwertsteuersätze als Corona-Konjunkturmaßnahme im zweiten Halbjahr 2020 generell – von 19 auf 16 Prozent Normalsteuersatz und von sieben auf fünf Prozent im reduzierten Satz.

Wie in Österreich stellt sich die Frage: Geben die Medienhäuser die Steuerreduktion an ihre Käuferinnen und Käufer, Abonnentinnen und Abonnenten weiter? Kenner der deutschen Verlagsbranche verweisen auf großen administrativen Aufwand für eine insbesondere temporäre Umstellung von Steuersätzen. Auf eher geringe Ersparnis im Centbereich pro Einzelexemplar und auch überschaubare Reduktionen im Abotarif dadurch. Und auf Erfahrungen mit der Umstellung der Mehrwertsteuer auf reduzierten Tarif bei digitalen Publikationen. Die hätten die Verlage, vorsichtig formuliert, nicht durchgängig weitergegeben.

Kann der deutsche Verlegerverband BDZV das bestätigen? Verbandssprecher Alexander von Schmettow sagt dazu auf Anfrage am Freitag nur: "Wir gehen davon aus, dass unsere Mitgliedsverlage die gesetzliche Lage bei ihrer Preisgestaltung berücksichtigen."

Kein reduzierter Satz bei Apple und Google

Wer seine Zeitungsabos über Apple- oder Google-Plattformen bezahlt, ist ohnehin steuerlich noch ein paar Schritte zurück: Der deutsche Branchendienst "PV Digest" berichtet gerade, dass die beiden dominierenden Player im Digitalvertrieb ihre App-Stores "augenscheinlich so programmiert haben, dass pro Land immer nur ein Mehrwertsteuersatz angewendet werden kann". Reduzierte Mehrwertsteuersätze etwa für E-Paper wie in Österreich seit Jahresbeginn seien da nicht vorgesehen. Apple soll inzwischen zu Nachzahlungen bereit sein. (fid, 12.6.2020)