Die steinzeitlichen Pfeilspitzen wurden sowohl aus den Zähnen als auch den Knochen verschiedener Tierarten angefertigt.
Foto: M. C. Langley

Die Jagd mit Pfeil und Bogen war eine entscheidende Innovationsleistung des Homo sapiens. Der bisher früheste Beleg für diese Technik stamme aus Südafrika und sei etwa 64.000 Jahre alt, sagt Patrick Roberts vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena. Etwa in diesem Zeitraum hat sich der moderne Mensch auch von Afrika nach Asien ausgebreitet. Dennoch waren die ältesten Pfeilspitzen, die man bisher außerhalb Afrikas gefunden hat, nur halb so alt.

Eine Entdeckung im Regenwald von Sri Lanka macht diese Lücke nun erheblich kleiner: In der Höhle Fa-Hien Lena im Südwesten der Insel fanden Archäologen Pfeilspitzen aus Tierknochen und -zähnen, die etwa 45.000 bis 48.000 Jahre alt sind. "Die Brüche an den Spitzen deuten auf eine Beschädigung durch einen starken Aufprall hin – etwas, das normalerweise bei der Jagd mit Pfeil und Bogen auf Tiere beobachtet wird", sagt Michelle Langley von der Griffith University in Brisbane. Die Studie des Teams um Langley und Roberts ist im Fachjournal "Science Advances" erschienen.

Spekulationen

Interessant sei an den neuen Funden vor allem, dass sie aus dem tropischen Regenwald stammen – und nicht aus offeneren Landschaften wie etwa der Savanne, wo man den Einsatz von Distanzwaffen eher erwarten würde. Die Forscher werten dies als "ein Puzzlestück, das uns zeigt, warum unsere Spezies so erfolgreich war: Weil sie in allen Umwelten leben und die Technik an die Gegebenheiten anpassen kann."

Vermutlich nutzten die Menschen im Regenwald damals Pfeil und Bogen zur Jagd auf baumbewohnende Primaten und Nagetiere. Möglicherweise, so Roberts, unterscheide die Pfeil-und-Bogen-Technik den Homo sapiens von seinen nächsten Verwandten wie etwa dem Neandertaler. Diese Jagdtechnik erfordere eine größere Fähigkeit zu abstraktem Denken, da dabei zwei Geräte miteinander kombiniert werden müssen.

In der Höhle fanden die Forscher außerdem Belege für die Herstellung von Perlen aus mineralischem Ocker sowie Werkzeuge zum Fischen und zur Herstellung von Fasern, die vermutlich zu Kleidung oder Netzen verarbeitet wurden. "Bislang wurde angenommen, dass Kleidung als Schutz vor Kälte entwickelt wurde", sagt Roberts. "Dass es dafür auch in Sri Lanka Evidenz gibt, deutet darauf hin, dass sie vielleicht auch zum Schutz etwa vor Mücken genutzt wurde." (red, APA, 14. 6. 2020)