(Österreich im Sommer 2020. Der Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung ist ergebnislos zu Ende gegangen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen eben den Saal verlassen, als unter lautem Getöse der frühere Vizekanzler Krache vom Schnürboden herabschwebt und ans Mikrofon tritt. Große Unruhe.)

Krache vergibt all jenen, die ihm Unrecht getan haben.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

KRACHE: Still! Nicht, mich zu rächen,

bin ich hier. Doch mir beliebt,

zum Abschluss einmal noch zu sprechen.

Größe zeigt nur, wer vergibt,

und ich will jenen heut’ vergeben,

die in die Falle mich gelockt.

Wohl wahr, ich war in meinem Leben

noch nie zuvor so tief geschockt

wie damals, als ich musst’ erkennen,

dass ein scherzhaftes Gespräch

von Feinden – ich will sie nicht nennen –

belauscht ward. Dass ich da mich räch’,

wäre gewiss allzu verständlich.

Aber wär’ ich danach frei?

Nimmermehr! So hab’ ich endlich

mir gesagt: Sei klug, verzeih’!

Ja, verzeih’ den falschen Freunden,

Hofer, Nepp, auch Kickl, schnurz!

Selbst den allergrößten Feinden

sei verzieh’n, selbst Kanzler Sturz.

Ich vergeb’ der scharfen Russin,

auch dass sie mich nicht drüberließ.

Seht, ich werf’ ihr diesen Kuss hin.

(Tut’s.) Weh euch, ihr macht sie mies!

Ich vergeb’ sogar der Krone

guten Mutes, und ich denk’,

dass ich vergebend auch nicht schone

Süddeutsche, Falter und den Klenk.

Allen, allen sei vergeben!

Dass es uns gereich’ zum Wohl!

Auch Red Bull soll’s weiter geben

und den Teufel Alkohol.

Nur so kann ich dem Lande dienen

und kann wieder kandidier’n.

Rote, Schwarze, Blaue, Grüne

werd’ ich demnächst abservier’n.

Denn das Volk liegt mir zu Füßen,

ich weiß es, jetzt und immerdar!

Im Herbst schon werdet ihr mich grüßen

als Bürgermeister Ibizar.

(Geht ab. Von ferne wildes Klatschen. Man ist nicht sicher, ist’s Applaus oder sind’s gewalt’ge Watschen.

Der Vorhang fällt. Das Stück ist aus.)

(Antonio Fian, 13.6.2020)