KSK-Soldaten bei einer Übung in Fassberg, Niedersachsen.

Foto: imago/Björn Trotzki

Hamburg – In der Affäre um rechtsextreme Tendenzen beim Kommando Spezialkräfte (KSK) hat laut einem Bericht des "Spiegel" der Brief eines Hauptmanns der deutschen Bundeswehr-Eliteeinheit ohnehin bestehende Sorgen verstärkt. Dem Magazin zufolge wandte sich der Offizier Anfang Juni mit einem teils dramatischen Hilferuf direkt an Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU).

In dem zwölfseitigen Brief, der dem "Spiegel" vorliegt, beklagt der Hauptmann, dass innerhalb der Einheit rechtsextreme Tendenzen geduldet und vertuscht würden. Hinweise auf rechtsextreme Kameraden innerhalb des rund tausend Mann starken Eliteverbands würden "intern zwar wahrgenommen, aber aus unterschiedlicher Motivlage kollektiv ignoriert oder gar toleriert".

Führung überfordert

Der Soldat bitte die Ministerin, sich persönlich um das Thema zu kümmern. Den Missständen sei nur "durch eine vollständige externe Untersuchung und anschließende Reformierung Herr zu werden". Es habe sich ein nicht austrockenbarer Sumpf innerhalb des KSK entwickelt, dieser sei "tiefgreifender und struktureller, als derzeit im Ministerium bekannt sein dürfte". Die Führung des KSK sei mit der Aufklärung "offenbar überfordert".

Der Offizier gehört demnach seit 2018 dem KSK an. Als Beispiel nennt er einen Ausbilder, der als Identifizierungscode "Y-88" benutze. Die Zahl gilt als Chiffre für den Hitlergruß. Erst 2019 sei der Ausbilder wegen seiner Nähe zur rechtsextremen Identitären Bewegung aus dem KSK entlassen worden.

Weiter schildert der Hauptmann laut "Spiegel", dass Meldungen über rechtsextreme Soldaten im KSK schon in der Ausbildung konsequent unterbunden würden. Zudem würden Disziplinarstrafen dafür genutzt, "um Soldaten und vor allem kritische Offiziere gefügig zu machen". Die Folgen seien "eine Art Kadavergehorsam" und eine "Kultur des Hinnehmens rechtswidrigen Verhaltens".

Konzept Ende Juni

Kramp-Karrenbauer habe mehrere Abteilungen beauftragt, den Vorwürfen nachzugehen, berichtete das Magazin weiter. Zudem sollten die Vorwürfe des Soldaten in die Arbeit einer Taskforce einfließen, die bis Ende Juni ein Konzept zur Modernisierung des KSK vorlegen soll.

Rechtsextreme Vorfälle hatten wiederholt zu Vorwürfen gegen das KSK oder dort eingesetzte Soldaten geführt. Vor einigen Wochen war ein KSK-Soldat festgenommen worden, der ein Waffenlager angelegt und rechtsextreme Symbole gezeigt haben soll. Auch gab es Berichte über ein mögliches rechtsextremes Netzwerk in der Eliteeinheit. (red, APA, AFP, 12.6.2020)