Arbeitslose sollen eine Einmalzahlung von 450 Euro bekommen. Für Kritiker ist dies zu wenig.

Foto: imageBROKER/Jan Tepass via www.imago-images.de

Wien – Die türkis-grüne Regierung wird bei ihrer Klausur kommende Woche weitere Maßnahmen zur Bewältigung der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise auf den Weg bringen. Etwa habe man sich auf eine Einmalzahlung von 450 Euro für Arbeitslose und einen Familienbonus von 360 Euro pro Kind geeinigt. Zudem soll der Eingangssteuersatz noch heuer von 25 auf 20 Prozent gesenkt werden, wie Vizekanzler Kogler im STANDARD-Interview ankündigt.

Steuerreform teilweise vorgezogen

Damit werde ein Teil der geplanten Steuerreform bereits in diesem Jahr wirksam. Für Familien sei zudem eine Zuwendung von 360 Euro pro Kind geplant – und zwar für alle Kinder, für die Kinderbeihilfe bezogen werde, hieß es. Ziel sei, das Paket möglichst rasch umzusetzen, um eine Auszahlung im September zu ermöglichen.

Arbeitslose will die Bundesregierung einmalig mit 450 Euro unterstützen. Eingeplant seien dafür bis zu 200 Millionen Euro. Auch für die Land- und Forstwirtschaft soll es steuerliche Entlastungen geben.

Jene, die aufgrund ihrer geringen Einkommen keine Lohnsteuer zahlen, sollen durch eine Negativsteuer in Höhe von 100 Euro pro Jahr entlastet werden. Geringverdiener würden nämlich von der Senkung der untersten Steuerklasse nicht profitieren, kritisierte das linke Momentum Institut. Die volle Entlastung von 350 Euro jährlich würde erst ab einem Monatseinkommen von 1.808 Euro brutto greifen, heißt es in einer Aussendung.

SPÖ und ÖGB wollen mehr Arbeitslosengeld

Auch die angekündigte Einmalzahlung für Arbeitslose sorgt für Kritik. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist dies "blanker Hohn und Zynismus". Die FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch spricht vom "nächsten Bauchfleck" der Regierung. "Mit 150 Euro pro Monat können die meisten Arbeitslosen nicht einmal ihr Konto abdecken".

Auch Gewerkschaftschef Wolfgang Katzian hätte eine generelle Erhöhung des Arbeitslosengeldes für sinnvoller erachtet. Denn eine Einmalzahlung sei nicht nachhaltig, es bräuchte daher zusätzliche Maßnahmen. Konkret plädiert der ÖGB-Präsident für eine Erhöhung der Nettoersatzrate von 55 auf 70 Prozent.

Unabdingbar ist für Katzian zudem, das Kurzarbeitsmodell ein weiteres Mal zu verlängern. Dazu wird es schon in den kommenden Tagen Gespräche auf Sozialpartner-Ebene geben. Überlegenswert ist für den Präsidenten dabei, ob es nicht Branchenlösungen braucht, wenn manche Sektoren gleich ein Modell für zwei Jahre wollten. Dabei dürften für die Beschäftigten keine Nachteile entstehen, lehnt Katzian etwa eine Reduktion der Entlohnungen ab.

Sogar das wirtschaftsliberale Institut Agenda Austria hatte sich am Donnerstag für eine vorübergehende Erhöhung des Arbeitslosengeldes ausgesprochen – aber mit einem recht raschen Absinken aufs Normalniveau. Konkret sollte es in den ersten 17 Wochen von derzeit 55 Prozent des Netto-Letztverdienstes auf 65 Prozent erhöht werden. Nach nur 18 Wochen sollte die Nettoersatzrate aber wieder auf 55 Prozent zurückgehen und "nach einer Gesamtbezugsdauer von 35 Wochen dann auf 45 Prozent absinken", heißt es in der Schrift "Starthilfe für Österreichs Wirtschaft".

AK reagiert ambivalent

Ambivalent reagierte die Arbeiterkammer (AK) auf die von der türkis-grünen Regierung vor ihrer Klausur aufs Tapet gebrachten Maßnahmen. Die Einmalzahlung für Arbeitslose sei "gut und schön", meinte AK-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung: "Aber wir brauchen Nachhaltigkeit." Lob fand sie für die angepeilte Lohnsteuersenkung und die Erhöhung der Negativsteuer. Diese seien die "besten Ansätze, um die Kaufkraft zu erhöhen und damit den Konsum anzukurbeln", so Anderl.

Steuerreform bringt 1,6 Milliarden Entlastung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte: "Nach der Bewältigung der gesundheitlichen Folgen und den Soforthilfen starten wir nun in eine neue Phase. Wir haben immer gesagt, dass wir auch noch mehr Geld in die Hand nehmen werden. Dabei wollen wir all jenen helfen, die aufgrund des Coronavirus vor besondere wirtschaftliche Herausforderungen gestellt wurden". Allein die Entlastung durch die vorgezogene Steuerreform bezifferte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) mit 1,6 Milliarden Euro. Ferner sollen die Rahmenbedingungen für Betriebe verbessert werden, indem Eigenkapital attraktiver und Investitionen erleichtert werden, so Blümel.

Die Bundesregierung trifft sich kommenden Montag zu ihrer zweiten Regierungsklausur. Am Dienstag sollen dann die Ergebnisse präsentiert werden. (APA, red, 13.6.2020)