Zum Stichwort Zwei-Reiche-Lehre muss man nicht zwangsläufig Luther oder Augustinus’ De civitate dei verinnerlicht haben, den Kaiser-Papst-Gegensatz des Mittelalters oder den byzantinischen Cäsaropapismus. Die heute leider häufig gängige Allgemein(un) bildung gäbe es vielleicht auch kaum mehr her. Deshalb reicht auch das Stichwort hybrid. Es besagt hier, dass Antriebssysteme zweier technischer Welten zum Einsatz kommen, in der Regel gemeint ist eine Kombination von verbrennungsmotorischem und elektrischem Antrieb.

Wiederum ganz breit angerollt ist dabei zuletzt, nachdem Toyota schon Millionen von sogenannten Vollhybriden verkauft hat, die Plug-in-Hybridwelle. Dabei, so die Botschaft der Hersteller, kombiniere man das Beste aus beiden Welten, nämlich Otto- und Elektromotor sowie eine Batterie, die uns immerhin wenige Dutzend Kilometer elektrisch voranbringt.

Je weniger Kombis es gibt, desto mehr fällt auf, welch elegante Erscheinungen sie in dem ganzen SUV-Umfeld sind. Absurd: Diesel-Plug-ins sind von Förderungen ausgenommen.

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Lassen wir für einen Moment die Frage nach der Sinnhaftigkeit, zwei schwere, teure, rohstoffintensive Antriebssysteme auf einmal durch die Gegend zu wuchten, beiseite, dann stellt – konsequent durchdacht – die Kombination des elektrischen Antriebs mit dem verbrauchseffizientesten Verbrennerkonzept den Gipfel der automobilen Zwei-Reiche-Lehre dar. Und eben so etwas haben wir mit dem 300 de T-Modell vor uns.

Ganz ehrlich? Ein Nachdenklichmachmobil, das nur zwei (gut, mit dem Preis: drei) Nachteile aufweist: ein mitunter etwas synthetisches Bremsgefühl und den zugunsten der Batterie geschrumpften Kofferraum. Statt sonst 640 bis 1820 Liter fasst er nur 480 bis 1660 – obendrein entsteht dadurch eine unhübsche Stufe im Boden.

Einmal mehr, bitte

Statt sonst 640 bis 1820 Liter fasst der Kofferraum nur 480 bis 1660 – obendrein entsteht dadurch eine unhübsche Stufe im Boden.
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Alles andere sind nur Vorteile. Wenn BMW, um ein Vergleichsfahrzeug heranzuziehen, im (Benzin-)Plug-in-5er einen 12-kWh-Akku verbaut, so legt Mercedes mit 13,5 kWh noch ein bisschen was drauf. Schon beim BMW war im Test festzustellen, dass wir damit langsam in den Bereich von alltagstauglichen Aktionsradien kommen. Das gilt auch für den gediegenen Großkombi mit dem Stern: Mit dem ließen sich fast alle innerstädtischen Wege im sauberen Elektroantrieb bewältigen; E-Testreichweite: um die 40 km.

Foto: Der Standard

Obendrein lädt sich die Batterie im Autobahnbetrieb unauffällig und so en passant wieder auf, auch ohne dass man es per "Bitte laden"-Programmpunkt drauf anlegt. Eine halbe Akkuladung bis zur Stadtgrenze ist dann rasch wieder beisammen.

Spaß macht auch die Hurtigkeit des elektrischen Vorankommens, der im Getriebe verbaute E-Motor leistet 90 kW. Man bedenke dabei: Mit dem ganzen Gschistegschaste bringt der knapp über fünf Meter lange Kombi 2140 kg auf die Waage. Schlank ist anders.

Und der Diesel? Zweiliter-Turbodiesel mit 194 PS und enorm aufwendiger Abgasnachbehandlung. Ein Muster an Genügsamkeit. Nippte im Testbetrieb nur 5,6 l / 100 km. Noch einmal: ein bisserl was über fünfeinhalb Liter, bei einem Auto dieser Größenordnung. Kompliment an die Ingenieure, zumal die Maschine einerseits tadellose Laufkultur zeigt, andererseits akustisch meist ausreichend zurückhaltend agiert.

Wer einmal die Zwei-Reiche-Frage stellt, also Systemgesamtleistung (306 PS) und Gesamtdrehmoment (700 Nm) abfragen will, kann das etwa im Sportmodus tun. Aber Obacht, da neigt das Heck dann zum Schwanzeln.

In Summe gilt für den E 300 de: konkurrenzlos sparsam, überragend langstreckentauglich. Zwei Reiche, ein Kombi. (Andreas Stockinger, 22.06.2020)