Das Ars Electronica Center in Linz.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Linz – Beim Prix Ars Electronica haben heuer Frauen in allen Kategorien bis auf eine reüssiert. Den Preis für Digital Communities erhielt die Demokratiebewegung der Hong Kongers. Die gebürtige Linzerin VALIE EXPORT wird als Visionary Pioneer of Feminist Media Art ausgezeichnet. Insgesamt gab es 3.209 Einreichungen aus 90 Ländern, aus denen 20 Juroren heuer in Online-Sitzungen die Sieger kürten. Pioneer of Feminist Media Art ausgezeichnet. Insgesamt gab es 3.209 Einreichungen aus 90 Ländern, aus denen 20 Juroren heuer in Online-Sitzungen die Sieger kürten.

Die Online-Jurys seien "ausgezeichnet gelungen, obwohl mehr Arbeit damit verbunden war", sprach Ars-Electronica-Leiter Gerfried Stocker in einer Pressekonferenz am Montag in Linz die Zeitunterschiede von Los Angeles bis Seoul und damit verbundene Sitzungen um 6 Uhr früh bzw. 2 Uhr in der Nacht an. "Beim Festival wollen wir so viele Projekte wie möglich nach Linz holen", versprach Stocker.

Digitale Technologien beim Protest

Die biennal vergebene Goldene Nica in Digital Communities erhält "Be Water by Hong Kongers", das Eric Siu und Joel Kwong der dortigen Demokratiebewegung widmeten. Das treffe sehr gut den Kern dieser Kategorie, sagte Prix-Leiterin Emiko Ogawa. Erstmals wird damit eine anonyme Gruppe ausgezeichnet. Sie formierte sich im Protest gegen ein von Peking beabsichtigtes Gesetz, das es unter bestimmten Umständen erlauben sollte, Bürger von Hongkong – ehemals britische Kolonie mit Sonderstatus – an China auszuliefern. Dagegen wehrten sich die Hongkonger erfolgreich, der Gesetzesentwurf wurde im Herbst 2019 zurückgezogen. Digitale Technologien spielten eine Schlüsselrolle dabei. "Auch Partnerschaften mit chinesischen Städten dürfen uns nicht abhalten, klare gesellschaftspolitische und demokratiepolitische Aussagen zu machen", stellte sich Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) hinter diese Entscheidung, auch wenn es "nicht nur Freude geben" werde.

In der ebenfalls alle zwei Jahre ausgezeichneten Interactive Art+ siegte die US-Amerikanerin Lauren Lee McCarthy mit ihrer Installation "Someone". Darin können Besucher die Rolle eines Avatars einnehmen und in Wohnungen von freiwillig am Projekt teilnehmenden Personen quasi wie eine menschliche Version von Amazons Alexa agieren. McCarthy wirft Fragen nach Privatsphäre, Identität, Kontrolle von Künstlicher Intelligenz auf. Sie beschäftige sich schon lange mit der Rolle des Menschen in diesem Umfeld und habe einen künstlerisch virtuosen Umgang damit generiert, so Festivalleiter Martin Honzik bei der Vorstellung.

Umweltzerstörung angeprangert

Die Goldenen Nica in der Kategorie Computer Animation geht an Miwa Matreyek für "infinitely Yours". Die amerikanische Künstlerin kombiniert etliche Formate in eine neue Inszenierung. Sie bewegt sich als Schattenbild durch stets dystopische Landschaften und prangert damit sehr eindrücklich und in durchaus unguten Bildern die Zerstörung der Umwelt um des Konsums willen an.

VALIE EXPORT wird als Visionary Pioneer of – heuer ausdrücklich – Feminist Media Art ausgezeichnet, damit erhält die gebürtige Linzerin den Preis für eine konsequente feministisch-politische Haltung und deren kongeniale (medien-)künstlerische Entsprechung. Ihr heuriger 80. Geburtstag sei "eine Koinzidenz, relevanter ist die inhaltliche Dimension", strich Stocker heraus.

Jugendpreise und Abgang

Lisa Rass, Franziska Gallé, Jona Lingitz und Anna Fachbach aus der Grazer Ortweinschule holten sich mit "Samen" den Hauptpreis des mittlerweile etliche Kategorien umfassenden U19-Bewerbs in der Sparte "Young Professionals". Der Stop-Motion-Experimental-Film behandelt die Pubertät und verzichtet völlig auf Sprache, stellte Marion Friedl das Projekt vor. Der U12-Hauptpreis ging an "Lury" von Laurin, Amelie und Niklas Steinhuber, der U14-Hauptpreis an "The Truth Part 2" der Schüler*innen der NMS Lehen, Fach Kreative Mediengestaltung. Den MIC-Spezialpreis für Projekte mit IT-Fokus, die sich mit der Welt von morgen auseinandersetzen, erhielten Schüler von der HTL Rennweg in Wien, die mit CareLine einen autonom fahrenden Servierwagen entwickelt haben.

Christine Schöpf zieht sich nach 40 Jahren – als Gestalterin und schließlich als Co-Direktorin – aus der operativen Arbeit in der Ars Electronica zurück. 1987 konzeptionierte sie den Prix Ars Electronica, leitete ihn 17 Jahre, auch das Animation Festival entwickelte die umtriebige Kulturarbeiterin. Das bisher gemeinsam geleitete Animation Festival übernimmt Jürgen Hagler. (APA, 15.6.2020)