Die Legende vom Donauweibchen, das allzu liebestolle Männlein in den tödlichen Strom lockt, erinnert an den griechischen Mythos der Najaden und Sirenen. Ein Ölgemälde von Lilly Steiner aus dem Jahr 1934.

Belvedere, Wien

Das "Eiserne Tor" an der Grenze zwischen Serbien und Rumänien galt seit der Antike als gefährlichste Stelle der Donau. Als der Wasserspiegel hier durch einen Rückstau künstlich erhöht wurde, versank die Insel Ada Kaleh, eine türkische Enklave aus osmanischer Zeit, 1971 in den Fluten.

Kurt Farasin

Das Team um Kurator Dominik Heher bereiste zweieinhalb Jahre alle Abschnitte der Donau. Die Ausstellung ist als multimedialer Reisebericht konzipiert, in dem historische Objekte durch heutige Videoaufnahmen ergänzt werden.

Foto: Klaus Pichler, WWW_kpic_at

Die alten Griechen nannten den unheimlichen Strom aus Norwesten "Istros". Ihn zu befahren, wagten sie nicht, wenngleich niemand Geringerer als der Held Jason mit seinem Schiff Argo und dem legendären Goldenen Vlies im Gepäck stromaufwärts bis in die Obere Adria durchgestochen sein soll. Das ist natürlich schon rein geografisch Humbug, aber die Alten ahnten, dass der, wie wir heute wissen, zweitgrößte Strom Europas nach der Wolga in seiner Bedeutung mit dem Nil mithalten konnte.

Erst die Römer überwanden in ihrem Expansionseifer die zahlreichen Gefahren, bauten an dem gefürchteten Nadelöhr "Eisernes Tor" an der heutigen Grenze zwischen Serbien und Rumänien Treppelwege und unter Kaiser Trajan eine Brücke, die für 1000 Jahre die größte der Welt sein sollte, um die Grenzen des Reichs weiter nach Norden auszudehnen. Die Römer übernahmen den keltischen Wortstamm für "fließen" und nannten den Fluss schließlich "Danubius". Mit der gewaltigen Grenzanlage gegen Norden, dem Donaulimes, hält sich die Ausstellung zur Donau – Vom Schwarzen Meer bis zur Schallaburg, die bis 8. November auf ebendieser zu sehen ist, aber bewusst nicht allzu lange auf.

Wer mehr zum Limes oder zum österreichischen Abschnitt der Donau erfahren will, könne auf zahlreiche Spezialmuseen zurückgreifen, etwa Carnuntum, sagt Kurator Dominik Heher. Der Historiker, der zuletzt die hervorragende Schallaburg-Ausstellung Byzanz und der Westen gestaltete, wollte nationale Nabelschauen oder eine Verengung des Themas auf alte Geschichte vermeiden.

Quicklebendiger Reisebericht

Zweieinhalb Jahre bereiste er u. a. mit einem Videoteam den Fluss durch alle zehn Donauländer und konzipierte die Schau als quicklebendigen Reisebericht, der im rumänischen Donaudelta beginnt, auf dem Weg stromaufwärts Geschichte in Geschichten verpackt, am Fluss lebende Menschen zu Wort kommen lässt und in der Wachau mit Ausblick in das Quellgebiet im deutschen Schwarzwald endet.

Die Ausstellung folgt dabei keiner historischen Chronologie, sondern reißt die für den jeweils dargestellten Donauabschnitt prägenden Themen an. Die so entstandene Universalgeschichte des Donauraums liefert aktuelle Zahlen und Daten, beschreibt Wirtschaft und Schifffahrt ebenso wie Natur, Militär- und Kulturgeschichte.

Wie ein Mosaik fügen sich etwa die Türkenkriege im Raum Belgrads zur fantastischen Geschichte der im Zuge der Donauregulierung gefluteten Orientinsel Ada Kaleh und dem ökopolitischen Streitthema Kraftwerksbau. Und die Schau zeigt, dass die Donau nicht nur verbindet, sondern auch das wirtschaftspolitische Gefälle Europas versinnbildlicht.

Die "Donaumetropole" Wien übrigens kämpfte bis ins 19. Jahrhundert mit Regulierungen darum, den Anschluss an den Strom nicht zu verlieren. Auch der Donauwalzer erhielt seinen Text "An der schönen blauen Donau" erst 20 Jahre nach seiner Uraufführung und war ursprünglich ein Faschingslied. Ob die Donau wirklich blau ist, wollte 1903 der Hydrograf Anton Bruszkay genau wissen. Er notierte nüchtern: "An 11 Tagen braun, an 46 Tagen lehmgelb, an 59 Tagen schmutzgrün, an 5 Tagen grasgrün, an 69 Tagen stahlgrün, an 46 Tagen smaragdgrün und an 64 Tagen dungelgrün."

Ein Tipp: Das Blaue vom Himmel verspricht nur die Sonne und vielleicht ein grüner Veltliner. (Stefan Weiss, 16.6.2020)