Erneuerbare Energien, neben Windkraft auch Fotovoltaik, sind laut Ökonomen ein guter Hebel, die Konjunktur anzukurbeln.

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Jede Krise geht irgendwann zu Ende, durch politisches Handeln findet die Wirtschaft in der Regel aber rascher aus dem Tal als ohne staatliche Intervention. Die Kernfrage ist aber, wie der Impuls zur Stärkung der Wirtschaft, die infolge der Corona-Pandemie weltweit in eine tiefe Rezession gestürzt ist, ausfallen soll.

Für Vertreter erneuerbarer Energien liegt die Antwort auf der Hand: Abkehr vom bisher Gewohnten, einen Riegel vor fossile Energien und stattdessen Neuinvestitionen überwiegend in grüne Technologien. Damit könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden, sagte Holger Bär vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft in Berlin anlässlich eines Online-Pressegesprächs der IG Windkraft am Montag: Die Konjunktur könnte angekurbelt, das vor Corona alles beherrschende Thema des Klimawandels konstruktiv angegangen werden.

Lang anhaltende Wirkung

Investitionen in Infrastruktur wirkten weit in die Zukunft. Bei Gebäuden seien es 60 bis 70 Jahre, da sei es nicht einerlei, wie gut gedämmt diese gebaut werden. Bei Autos spricht man von einer Nutzungsdauer von 15 Jahren, Nutzfahrzeuge werden in der Regel etwas früher ersetzt, Kraftwerke bleiben Jahrzehnte im Einsatz.

Und weil Energie in alle Lebensbereiche hineinspielt, komme insbesondere auch der Stromproduktion eine entscheidende Rolle bei der Erreichung des 1,5-Grad-Ziels zu, sagt der Geschäftsführer der IG Windkraft, Stefan Moidl. Das 1,5-Grad-Ziel besagt, dass die Erderwärmung im Jahresmittel nicht über 1,5 (bis maximal zwei) Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit steigen soll, weil es andernfalls wegen zu erwartender Wetterextreme ziemlich unwirtlich werden könnte auf der Erde.

Rückstau löst sich auf

Derzeit steht die Windkraft mit rund sieben Milliarden Kilowattstunden (kWh) durchschnittlicher Jahresproduktion für rund elf Prozent der österreichischen Stromversorgung. Aufgrund der 2019 erfolgten Sonderdotierung der Fördertöpfe zum Abbau der in den vergangenen Jahren genehmigten, aber ohne Abnahmevertrag gebliebenen Windkraftprojekte wird der Rückstau nun langsam aufgelöst.

Bis 2024 können laut Moidl jährlich an die 300 Megawatt (MW), sprich rund 80 Windkraftanlagen neu errichtet werden. Damit dürfte der Anteil der Windenergie an der Stromversorgung in Österreich auf 13 Prozent steigen. 400 Millionen Euro an jährlichen Investitionen würden dadurch ausgelöst und rund 650 Dauerarbeitsplätze geschaffen, in der Errichtungsphase sogar knapp 7300.

Spezialrolle für Photovoltaik

Diesen Trend gelte es nun mittels des lange diskutierten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) zu beschleunigen. Einen ersten Ministerialentwurf, mit dem die Finanzierung der erneuerbaren Energien auf neue Beine gestellt wird, soll es im Sommer geben, in Kraft treten soll das EAG 2021.

"Wenn man ein Konjunkturbelebungs- und Arbeitsplatzschaffungsinstrument sucht, kommt man an der Photovoltaik nicht vorbei," sagt der Präsident des Interessenverbands Photovoltaik Austria (PVA), Herbert Paierl, im Gespräch mit dem STANDARD. Von den 27 Milliarden kWh Zubau, die im Regierungsprogramm zur Erreichung des Ziels "100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen bis 2030" verankert sind, entfallen 40 Prozent oder elf Mrd. kWh auf PV. Aufgrund des starken Preisverfalls in den vergangenen Jahren sei der Unterstützungsbedarf bei PV gering, sagt Paierl.

(Günther Strobl, 16.6.2020)