Charles Michel wartet in Brüssel auf den Beginn der Videokonferenz mit den Brexit-Hauptakteuren.

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In der EU-Kommission und im Ministerrat stellt man sich auf eine arbeitsreiche Sommerpause samt Urlaubssperren ein. Anlass ist nicht nur die Umsetzung des längerfristigen Budgetrahmens bis 2027, um den verbissen gerungen wird. Auch in Bezug auf ein Nachfolgeabkommen für die am 1. Februar dieses Jahres beendete EU-Mitgliedschaft Großbritanniens dürfte noch mit Hochdruck gearbeitet werden.

Ziel sei es, bis Oktober eine fertige Fassung eines neuen EU-Abkommens auf den Tisch zu bringen, das rechtzeitig vor Jahresende in Kraft treten und den Kern der Handelsbeziehungen über den Ärmelkanal regeln soll. Wie berichtet läuft am 31. Dezember 2020 jene Übergangsfrist aus, die beide Seiten im Brexit-Vertrag vereinbart hatten. Bis dahin gilt im Vereinigten Königreich nach wie vor EU-Recht und Binnenmarkt.

Die Regierung in London hat nach vier praktisch ergebnislosen Verhandlungsrunden mit den EU-Partnern vergangene Woche erklärt, nicht von der Möglichkeit einer Fristverlängerung ins Jahr 2021 hinein Gebrauch zu machen. Am Montag konferierten der britische Premier Boris Johnson und die drei Präsidenten der wichtigsten EU-Institutionen, Ursula von der Leyen (Kommission), David Sassoli (Parlament) und Charles Michel (Europäischer Rat), darüber, wie es weitergehen soll.

Mehr Tempo

Dabei hat man sich darauf geeinigt, den Austausch im Juli zu intensivieren, lautete eine gemeinsame Erklärung im Anschluss. Johnson wiederum sagte, er halte sogar einen Abschluss im kommenden Monat für machbar. Wie es in Ratskreisen hieß, wäre es zumindest möglich, über den Sommer den Kern eines Abkommens zu vereinbaren. Dabei müssten die wichtigsten Elemente künftiger Beziehungen – Freihandel, Fischerei, gleiche Wettbewerbsbedingungen – außer Streit gestellt werden. Andere Elemente können dann später abgearbeitet werden. Heikel ist die Frage, wer rechtlich das letzte Wort hat. London will den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg niemals akzeptieren. (Thomas Mayer aus Brüssel, 15.6.2020)