Zu den Spielregeln in einer Demokratie gehört, dass Opposition und Medien die Regierung kritisieren. So ist es verständlich, dass nun von allen Seiten auf angebliche Fehler und Versäumnisse im geplanten türkis-grünen Konjunkturpaket hingewiesen wird, das bei der laufenden Regierungsklausur fixiert werden soll. Zu spät, zu wenig, zu unsozial, so der Tenor. Dabei findet sich im Paket eine Reihe sinnvoller Maßnahmen.

Die erste gute Nachricht ist, dass einiges geschieht, um die Wirtschaft anzukurbeln: 14 Milliarden Euro will der Staat im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zusätzlich lockermachen, und das ist insgesamt viel Geld. Besonders wenn man bedenkt, dass vor wenigen Monaten der ÖVP nur schwer einzureden war, dass Staatsdefizite nicht per se verwerflich sind. Es ist nun jedenfalls kein Zufall, dass das heimische Konjunkturpaket im Verhältnis sogar etwas größer ausfallen dürfte als das deutsche mit 130 Milliarden Euro.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
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Was man den Maßnahmen anmerkt, ist, dass sie eine Reaktion auf die lauter werdende öffentliche Kritik der vergangenen Wochen bilden, wonach die Hilfen schleppend sind. Entsprechend versucht die Regierung nun, allen etwas zu geben. Das Konjunkturpaket besteht also aus viel Flickwerk, der große Plan ist nicht erkennbar. Aber das muss nicht schlecht sein, es geht ja zunächst um Wirtschaftsbelebung. Mit einem "Wumms" soll Deutschland aus der Krise kommen, hatte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz nach der Präsentation des dortigen Konjunkturpakets gesagt. Bei uns sind es eben viele Wümmschen.

Schattenseiten

Einige Fehler der alten Koalition aus ÖVP und FPÖ vermeidet Türkis-Grün zudem. So ist ein einmaliger Familienbonus für alle Kinder in gleicher Höhe von 360 Euro angedacht, davon werden auch Eltern profitieren, die schlecht oder gar nicht verdienen. Für Menschen mit niedrigen Einkommen gibt es eine Negativsteuer. Es ist zwar nicht viel, aber immerhin etwas Geld. Die Senkung der Einkommenssteuer auf der ersten Stufe von 25 auf 20 Prozent wird rückwirkend für Anfang 2020 vorgezogen. Das sollte einen Impuls für die Konjunktur geben. Geplant ist eine befristete Investitionsprämie für Unternehmen, was Firmen veranlassen kann, Investitionen vorzuziehen. Wie stark all das gegen die Wirtschaftsflaute wirkt, lässt sich erst in der Zukunft beurteilen. Es wirkt aber wie ein tauglicher Versuch, die Wirtschaft zu beleben.

Für Arbeitslose bleibt bloß eine Zahlung von 450 Euro.
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Natürlich gibt es auch Schattenseiten. So bleibt für Arbeitslose bloß eine Zahlung von 450 Euro, was im Vergleich zu dem Geld, das andere Gruppen bekommen, wenig ist. Die Umsatzsteuersenkungen haben einen Beigeschmack: So soll mit 1. Juli die Steuer auf Speisen und Getränke in der Gastro auf fünf Prozent sinken. Allerdings sagt Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, dass die Betriebe das nicht an die Kunden weitergeben sollen. Das ist fatal: einmal, weil damit der Wettbewerb untergraben wird. Die Betriebe können spekulieren, dass keiner die Preissenkungen weitergibt. Und im Idealfall dient eine Senkung der Umsatzsteuer dazu, den Konsum und damit die Wirtschaft anzuregen. Aber wenn sich Gastronomen das Geld behalten und damit nur ihre Gewinnmargen steigen, hat das null gesamtwirtschaftlichen Impuls.

Schließlich fehlt noch etwas Überraschendes für die langfristige Perspektive, Stichwort Klimaschutz, Infrastruktur oder Arbeitsmarktpolitik. Aber noch läuft die Klausur. (András Szigetvari, 15.6.2020)