Philipp Amthor ist der jüngste CDU-Bundestagsabgeordnete. Er stammt aus Mecklenburg-Vorpommern und weiß sich in Berlin gut in Szene zu setzen.

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"Es war ein Fehler." Dieser Satz ist auf dem Instagram-Account von Philipp Amthor zu lesen – groß und fett, weiße Schrift auf lila Hintergrund. Weiter unten steht auch noch: "Ich bin nicht käuflich." Und: "Meine Priorität ist der leidenschaftliche politische Einsatz für unser Land."

Normalerweise informiert der 27-jährige deutsche CDU-Bundestagsabgeordnete in den sozialen Medien über seine zahlreichen Tätigkeiten: Besuch eines deutsch-polnischen Grenzübergangs, Treffen von Corona-Helden, gemeinsamer Auftritt mit Friedrich Merz in seinem Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern.

Derzeit jedoch ist es mit schönen Bildern nicht getan. Amthor hat erhöhten Erklärungsbedarf in eigener Sache, denn im aktuellen "Spiegel" ist ausführlich seine Lobbytätigkeit für ein US-Unternehmen beschrieben, das ihn mit Aktienoptionen belohnte.

Die Story schlägt hohe Wellen, und das hat nicht allein mit dem Vorwurf zu tun, sondern auch mit der Person. Formal ist Amthor einer von 709 Bundestagsabgeordneten – und dennoch ein besonderer.

Als der Jurist 2017 mit 25 Jahren als jüngster CDU-Abgeordneter in den Bundestag einzog, hatte er bereits ein Netzwerk um sich, das manche nach einer Legislaturperiode noch nicht vorweisen können. Amthor verheimlicht vor allem nicht, dass er einen engen Draht zu Kanzlerin Angela Merkel hat.

Im Sonderzug mit Angela Merkel

Schon als 17-Jähriger half er der Kanzlerin so eifrig im Wahlkampf, dass er zur Belohnung mit ihr im Sonderzug durch Deutschland fahren durfte. Sie war es auch, die ihn überzeugte, zum Jusstudium nicht von daheim wegzugehen, sondern es an der Uni Greifswald (in "Meck-Pomm") zu absolvieren. Seine Bundestagskandidatur hat sie unterstützt. Nun hat Amthor seinen Wahlkreis (Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern Greifswald II) neben dem Kanzlerinnenwahlkreis (Vorpommern-Rügen – Vorpommern Greifswald I).

In Berlin machte sich Amthor schnell einen Namen. Nicht nur seine konservativen, eloquent vorgetragenen Thesen brachten ihm viele Talkshow-Auftritte ein, sondern auch sein Auftreten. Obgleich er erst 27 Jahre alt ist, spricht und kleidet er sich wie einer, der seit Jahrzehnten im Business ist. Anfangs wurden seine Anzüge und sein akkurater Scheitel belächelt, mittlerweile sind sie sein Markenzeichen geworden.

Manchmal, wenn Amthor gestikuliert und beide Hände hebt, meint man, ein wenig von Sebastian Kurz durchblitzen zu sehen. Der Vergleich und die Bezeichnung "Sebastian Kurz des Nordens" sind Amthor nicht unangenehm. Als er in einer vielbeachteten Rede im Bundestag lustvoll die AfD zerlegte, jubelte die "Bild"-Zeitung: "Merkels Bubi gibt AfD Saures."

Doch nun ist im "Spiegel" weniger Löbliches über den Jungstar zu lesen. Er hat auf Bundestagspapier einen Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geschrieben und das US-Start-up Augustus Intelligence beworben. Dieses beschäftigt sich mit künstlicher Intelligenz und Software zur Gesichts- und Objekterkennung.

Dank an den "geilen Typen"

Dort war man mit Amthors Einsatz zufrieden. "So ein geiler Typ, wir müssen uns echt bei ihm bedanken", heißt es in einer Augustus-Mail. Amthor bekam einen Direktorenposten und 2.817 Aktienoptionen. Bei positivem Verlauf der Firmengeschäfte – auch aufgrund seines Einsatzes – hätte er gut verdienen können.

Die Aktienoptionen habe er nie ausgeübt und jetzt zurückgegeben, teilt Amthor nun mit. Auch sei die Bundestagsverwaltung ordnungsgemäß über seine Tätigkeit informiert worden. Und dennoch räumt er ein: "Mein Engagement für das Unternehmen entspricht rückblickend nicht meinen eigenen Ansprüchen an die Wahrnehmung meiner politischen Aufgaben." Er habe sich "politisch angreifbar" gemacht" und könne "die Kritik nachvollziehen".

#Amthorgate und "Eigenthor"

Diese ist nicht gerade leise. SPD, Grüne und Linke verlangen Aufklärung und wollen wissen, ob Amthor gegen das Abgeordnetengesetz verstoßen habe. Selbiges verbietet nicht, dass sich Abgeordnete für Unternehmen einsetzen, wohl aber, dass sie dafür eine persönliche Belohnung erhalten.

"Das war nicht gerade klug und clever, was er gemacht hat", rügt auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg. Eigentlich hätte Amthor in seiner Heimat Großes vorgehabt. Er wollte sich demnächst zum CDU-Vorsitzenden in Mecklenburg-Vorpommern wählen lassen und 2021 der Ministerpräsidentin in Schwerin, Manuela Schwesig (SPD), das Amt abjagen.

Jetzt findet am Freitag bei der CDU im Norden erst mal eine Krisensitzung statt. Und im Internet wird unter #Amthorgate gefragt: "Heißt es nun eigentlich das oder der Eigenthor?" (Birgit Baumann aus Berlin, 15.6.2020)