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Die 56-jährige Ressa arbietet seit Jahren als Journalistin.

Foto: Reuters/ Eloisa Lopez

Dass Maria Ressa am Montag in Manila wegen Verleumdung verurteilt wurde, überraschte sie nicht. Es sei ein Schlag gegen die Pressefreiheit auf den Philippinen, gab die Journalistin nach dem Urteil an, aber dieser komme nicht unerwartet. Seit drei Jahren beschäftigen sich ihre Anwälte mit der Klage. Und seit drei Jahren musste sie mit einem harten Urteil rechnen.

Denn Ressa gilt als eine der lautesten Stimmen gegen Präsident Rodrigo Duterte, der mit seinem brutalen Vorgehen gegen die Drogenkriminalität heftig kritisiert wird. Über 5.000 "Drogenkriminelle" sollen von Sicherheitskräften umgebracht worden sein. Kritische Medien bekommen Steuerverfahren angehängt, so auch das von Ressa gegründete Online-Portal Rappler. Über Jahre hat sich Ressa damit zur Gegenspielerin des Autokraten entwickelt.

Die heute 56-Jährige wuchs in Manila auf und übersiedelte als Kind mit den Eltern nach New Jersey. Sie studierte Biologie und Englisch in Princeton mit Auszeichnung. Danach wollte sie für ein Jahr auf die Philippinen, ihre Wurzeln erkunden, wie sie einmal sagte. Doch sie blieb. Erst war sie Produzentin beim Lokal-TV, dann Manila-Korrespondentin für CNN. Der Sender verlegte sie 1995 nach Jakarta, wo sie Terrornetzwerke in Südasien erforschte. Mitte der Nullerjahre zog es sie zurück in ihre Heimat. Dort setzte sie sich zum Ziel, das lokale Fernsehen mit CNN-Know-how zu revolutionieren. 2012 gründete sie schließlich Rappler. Immer wieder wurde sie seither für ihre Arbeit ausgezeichnet, 2018 war sie eine "Person des Jahres" im US-Magazin Time. Und immer wieder war sie Angriffen auf ihre Arbeit ausgesetzt.

Tippfehler führt zu Schuldspruch

Im aktuellen Fall geht es um einen Artikel von 2012, in dem ein Geschäftsmann mit Drogenschmuggel in Verbindung gebracht wurde. Kritiker sehen bloß einen Vorwand, Ressa mundtot zu machen. Angeklagt ist sie auf Basis eines umstrittenen Cyberkriminalitätsgesetzes aus dem Jahr 2014. Dass ein Artikel von 2012 überhaupt darunterfällt, liegt an einem Tippfehler, der 2014 ausgebessert wurde. Und das gelte laut Gericht als Wiederveröffentlichung. Die Korrektur eines Tippfehlers sei also schuld an einem Schuldspruch, sagte sie vor kurzem mit Augenzwinkern. Nach der Urteilsverkündung war sie ernster, aber nicht weniger furchtlos: An den Angeklagten solle ein Exempel statuiert werden. "Aber habt keine Angst", appellierte sie. "Denn wenn ihr eure Rechte nicht nutzt, werdet ihr sie verlieren." (Anna Sawerthal, 15.6.2020)