Foto: imago/Harry Haertel

Pro: Mit gutem Gewissen

von Eric Frey

Wie viel der Mund-Nasen-Schutz im Kampf gegen die Corona-Pandemie nützt, weiß man bis heute nicht. Geschadet hat die Maskenpflicht jedenfalls nicht, solange ein gewisses Infektionsrisiko bestanden hat. Allerdings wäre es weder medizinisch sinnvoll noch demokratiepolitisch akzeptabel, diese Zwangsmaßnahme unbegrenzt beizubehalten. Nun, da es kaum noch neue Fälle in Österreich gibt, ist der Nutzen der Maske schon recht gering geworden.

Natürlich steht es jedem frei, weiterhin auf der Straße oder in Geschäften sein Gesicht zu verdecken, so wie es viele Asiaten seit Jahren tun. Man setzt damit ein Zeichen der Vorsicht und leistet einen minimalen Beitrag zur öffentlichen Gesundheit. Aber man kann auch mit gutem Gewissen darauf verzichten, solange man Abstand hält und sonst auf Hygiene schaut. Das Einkaufen ohne Maske ist ein Signal für Freiheit und eine Normalität, auf die Gesellschaft und Wirtschaft schon sehnsüchtig warten. Auch das hat seinen Nutzen.

Sollten die Corona-Fallzahlen wieder steigen, dann wird die Maskenpflicht rasch wiederkommen. Von allen Maßnahmen gegen die Pandemie ist dies die simpelste – vor allem jetzt, da die Menschen sie bereits gewohnt sind. Dann sollte man sich nicht beschweren, sondern wieder Disziplin beweisen. Aber im Augenblick ist es schön, die Maske liegen zu lassen. Sie hat vorerst ihre Schuldigkeit getan. (Eric Frey, 15.6.2020)

KONTRA: Den Heldinnen zuliebe

von Luise Ungerboeck

Keine Frage, ohne Mund-Nasen-Schutz (MNS) im Shoppingcenter flanieren ist angenehmer als mit einem Lappen im Gesicht. Aber so schrecklich, wie vielfach beklagt, ist das Tragen der fälschlich als Masken bezeichneten Vorrichtungen auch nicht. Noch vor wenigen Wochen war dies von den Politikern als wirkungsvoller Schutz vor der Übertragung von Covid-19-Viren gepriesen worden. Als endlich ausreichend Zellstofflappen vorhanden waren, verordnete die Regierung das Tragen sogar an Orten, die der gemeine Verbraucher bis dahin ohne MNS betreten durfte. Die Heldinnen der Arbeit in den Supermärkten sollten so vor infektiösen Ausscheidungen der Kundschaft geschützt werden.

Nun, da die Corona-Fälle vorbildhaft zurückgegangen sind und der Druck der Handelskonzerne und Einkaufszentrenbetreiber massiv gestiegen ist, pfeifen die Politiker auf den MNS. Gerechtfertigt ist dies nicht. Das Virus grassiert nach wie vor, und die Gefahr einer Ansteckung wird mit der Reisefreiheit nicht kleiner – aber die Heldinnen der Supermärkte sind nun weniger schutzwürdig?

Das ist sachlich nicht argumentierbar. Eine 15-minütige Fahrt mit U- oder Schnellbahn geht nicht ohne MNS, aber ein Einkauf im nicht minder stickigen Supermarkt ist unbedenklich? Hier wird die Bevölkerung für blöd verkauft – frei nach Konrad Adenauer: "Was schert mich mein Geschwätz von gestern?" (Luise Ungerboeck, 15.6.2020)