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Ein Teil der US-Truppen könnte nach Polen geschickt werden.

Foto: dapd / Mario Vedder

Washington – US-Präsident Donald Trump will Deutschland mit einem Teilabzug der US-Truppen für die aus seiner Sicht weiterhin zu geringen Verteidigungsausgaben bestrafen. Trump sagte am Montag, die Zahl der US-Soldaten in Deutschland werde auf 25.000 reduziert.

Zur Begründung sagte er, die deutsche Regierung weigere sich, Verteidigungsausgaben in einem Maß zu erhöhen, das das selbstgesteckte Nato-Ziel erreichen würde. Derzeit sind rund 34.500 US-Soldaten in Deutschland stationiert. Trump sprach von 52.000. In dieser Zahl dürften rund 17.000 amerikanische Zivilisten im Dienst der US-Streitkräfte enthalten sein.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Trump verwies indirekt auch auf die wirtschaftlichen Schäden, die ein Teilabzug der Soldaten für die betroffenen Standorte hätte. "Das sind gutbezahlte Soldaten. Sie leben in Deutschland. Sie geben viel von ihrem Geld in Deutschland aus." Er fügte hinzu: "Bis sie (die Deutschen) bezahlen, ziehen wir unsere Soldaten ab, einen Teil unserer Soldaten."

Die Stationierung der US-Truppen verursache "gewaltige Kosten für die Vereinigten Staaten", so Trump. "Warum zahlt Deutschland Russland Milliarden Dollar für Energie, und dann sollen wir Deutschland vor Russland schützen? Wie soll das funktionieren? Es funktioniert nicht." Er spielte damit unter anderem auf die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 an, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll – unter Umgehung der Ukraine und Polens. Die USA wollen die Fertigstellung von Nord Stream 2 verhindern und haben Ende vergangenen Jahres Sanktionen verhängt.

Trump warf Deutschland außerdem vor, die USA beim Handel zu benachteiligen. Die Vorstellungen der EU für ein Handelsabkommen seien nicht zu seiner Zufriedenheit, und Deutschland sei die wichtigste Wirtschaftskraft in der EU. Trump hat im Handelskonflikt mit der EU wiederholt mit Zöllen auf Autoimporte gedroht, die deutsche Hersteller am härtesten Treffen würden.

Streit um Nato-Ziele

Deutschland gehöre zu den wenigen Nato-Staaten, die sich trotz seiner vehementen Forderungen nicht bereiterklärt hätten, das Nato-Ziel bei Verteidigungsausgaben zu erfüllen. "Deutschland ist seit Jahren säumig und schuldet der Nato Milliarden Dollar, und das müssen sie bezahlen." Für die Differenz müssten immer wieder die USA aufkommen. Deutschland ziehe die USA beim Handel und bei der Nato über den Tisch. "Der mit Abstand schlimmste Täter ist Deutschland."

Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato sieht vor, dass alle Alliierten bis 2024 mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben. Deutschland hat die Ausgaben in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert, lag aber 2019 dennoch erst bei einem BIP-Anteil von 1,38 Prozent. Vor allem Trump übt deswegen kontinuierlich Kritik an der Bundesregierung und wirft ihr zu geringes Engagement vor. Trump sagte am Montag, auch zwei Prozent seien eigentlich noch zu wenig.

US-Medien hatten Ende vorvergangener Woche gemeldet, Trump wolle 9.500 der rund 34.500 US-Soldaten aus Deutschland abziehen. Er wolle außerdem eine Obergrenze von 25.000 Soldaten in Deutschland einführen. Eine offizielle Bestätigung der US-Regierung oder eine Begründung dafür gab es bis zu Trumps Aussagen am Montag nicht. Allerdings hatte die Bundesregierung in der vergangenen Woche mitgeteilt, über entsprechende US-Pläne informiert worden zu sein.

Widerspruch aus Deutschland

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul kritisierte den geplanten Teilabzug der US-Truppen. Insbesondere die Begründung der US-Regierung, wonach Deutschland nicht genug in die Verteidigung investiere, wies er zurück. "Die Maßnahme und die Begründung sind falsch und schwächen die Nato. Deutschland verstärkt seine Verteidigungsanstrengungen und muss das trotz Corona ungemindert fortsetzen. Jede Reduktion militärischer Präsenz verschärft die Probleme, statt sie zu lösen", sagte Wadephul am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. "So geht man nicht mit Partnern um." Der geplante Truppenabzug gehe "auf Kosten der Sicherheitsinteressen Osteuropas".

Truppenverlagerung nach Polen

Die "New York Times" hatte unter Berufung einen ungenannten US-Regierungsmitarbeiter berichtet, ein Teil der 9.500 Soldaten solle nach Polen geschickt werden, ein Teil in andere verbündete Länder, und ein Teil solle in die USA zurückkehren. Trump hatte bereits im Juni vergangenen Jahres eine Verlegung von Truppen von Deutschland nach Polen ins Spiel gebracht. Polen erfüllt das Zwei-Prozent-Ziel und wurde dafür – ebenso wie für Rüstungskäufe bei US-Produzenten – mehrfach von Trump gelobt.

Das Thema dürfte auch bei einem Besuch von Deutschlands Außenminister Heiko Maas an diesem Dienstag in Polen eine zentrale Rolle spielen. Die Regierung in Warschau hofft zwar, dass die US-Truppe mit ihren derzeit rund 5.000 Soldaten in Polen aufgestockt wird. Sie hat allerdings deutlich gemacht, dass das nicht auf Kosten der Truppenstärke in Deutschland gehen solle.

Die US-Botschafterin in Polen, Georgette Mosbacher, hatte im vergangenen August auf Twitter mitgeteilt: "Polen erfüllt seine Zahlungsverpflichtung von zwei Prozent des BIP gegenüber der Nato. Deutschland tut das nicht. Wir würden es begrüßen, wenn die amerikanischen Truppen in Deutschland nach Polen kämen." Der damalige US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hatte gesagt, es sei "wirklich beleidigend" zu erwarten, dass der US-Steuerzahler für die amerikanischen Truppen in Deutschland bezahlt, während die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwendeten.

Das Verhältnis zwischen der US-Regierung und Berlin ist seit langem angespannt. Zuletzt hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Trumps Pläne durchkreuzt, in diesem Monat einen G7-Gipfel im Weißen Haus abzuhalten – sie hatte wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Nach Merkels Absage sah sich Trump veranlasst, den Gipfel voraussichtlich auf September zu verschieben.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, war in der vergangenen Woche gefragt worden, ob Trump den Abzug von Soldaten wegen Merkels Absage veranlasse. McEnany hatte daraufhin einen Teilabzug zwar nicht bestätigt. Sie sagte aber, Trump treffe keine Entscheidungen, um bestimmte Staats- oder Regierungschefs zu bestrafen. "Er handelt im besten Interesse der Vereinigten Staaten." (APA, 15.6.2020)