Viktor Orbán bei einem Treffen der Visegrád-Gruppe.

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Budapest/Brüssel – Das ungarische Parlament am Dienstag einstimmig ein Gesetz über die Rücknahme der Corona-Notstandsanordnungen verabschiedet. Zugleich stimmten die Abgeordneten über den Gesetzesentwurf hinsichtlich der Einführung des Gesundheitsnotstands ab, der Sonderbefugnisse hinsichtlich der Corona-Pandemie beinhaltet.

Dieser Gesetzesentwurf verfehlte die erforderliche Zweidrittelmehrheit, da sich die Opposition der Stimme enthielt. Es wurde in zweiter Abstimmung jedoch mit einfacher Mehrheit, 135 Ja- und 54 Neinstimmen sowie drei Enthaltungen, verabschiedet. Über den konkreten Termin der Abschaffung des Notstandes wird die Regierung entscheiden. Nach Bekanntgabe dieses Termins verliert das Notstandsgesetz seine Gültigkeit. Das wird voraussichtlich am 20. Juni erfolgen.

Vorbereitung auf zweite Welle

Nach Angaben der Opposition will die Regierung von Viktor Orbán ein Gesetz gegen das andere austauschen und sich so mit dem Gesundheitsnotstand neue Sonderbefugnisse sichern. Dieser Notstand kann laut Gesetz künftig von der Regierung auf Empfehlung des Landesamtsarztes und nach ministerieller Vorlage ohne parlamentarische Zustimmung ausgerufen werden, wenn eine Epidemie von internationaler Tragweite drohe oder wenn Menschenleben, die Gesundheit oder die medizinische Versorgung in Gefahr seien. Weiters werde der Krisenstab fortbestehen, der die Vorbereitung auf eine eventuelle zweite Epidemiewelle leiten soll.

Mit dem am 30. März verabschiedeten Notstandsgesetz hatte sich das von Orbáns rechtsnationaler Fidesz mit Zweidrittelmehrheit kontrollierte Parlament selbst entmachtet. Das Gesetz ermöglichte der Regierung, unbegrenzt auf dem Verordnungsweg zu regieren, die Meinungs- und Pressefreiheit einzuschränken und auch Wahlen und Volksabstimmungen auszusetzen. Kritiker hatten Orbán beschuldigt, die Corona-Krise zur Etablierung eines autoritären Regimes zu missbrauchen. (APA, 16.6.2020)