Linz – Linzer Wissenschafter haben ein elastisches Material entwickelt, das sich aus einer umweltfreundlichen Mischung aus Gelatine und anderen potenziell essbaren Zutaten zusammensetzt. Das besondere an dem neuen Biogel ist, dass es dehn- und biegbar sowie ausreichend stabil ist, um mit elektronischen Bauteilen kombiniert zu werden. Das eröffnet auch neue Wege in Richtung weicher Roboter, wie die Forscher im Fachjournal "Nature Materials" berichten.

Umweltfreundliche Alternative

Bisher konnten alle Ansprüche an Materialien, die es im Bereich der weichen Robotik, dehnbarer Elektronik oder bei neuartigen medizinischen Anwendung braucht, nur von Werkstoffen erfüllt werden, die aus fossilen Rohstoffen gefertigt wurden. Das Team um die Studien-Erstautoren Melanie Baumgartner und Florian Hartmann sowie Martin Kaltenbrunner von der Abteilung Physik der Weichen Materie und dem LIT Soft Materials Lab der Universität Linz hat sich die Entwicklung einer biologischen Alternative zum Ziel gesetzt. Angesichts der steigenden Mengen an Müll, der mit elektronischen Geräten einher geht, gehöre die Nachhaltigkeit bei technischen Entwicklungen mittlerweile "zu den größten Herausforderungen unserer Zeit", so die Wissenschafter.

Das elastische Biogel eignet sich für zahlreiche Anwendungen – und es kann im Biomüll entsorgt werden.
Foto: LIT Soft Materials Lab

Bei der Anwendung von sogenannter weicher Robotik denken die Forscher vor allem an die Bereiche Pflege, Rehabilitation oder Medizin, wo also die Technik direkt mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommt, wenn etwa mittels tragbarer Sensoren Körperfunktionen überwacht werden. Hier hätten gummiartige Materialien, die noch dazu biologisch verträglich – also ungiftig – sind, großes Potenzial. Gleichzeitig dürfen sich etwa die elastischen Eigenschaften der Trägermaterialien für die neue Technik auch möglichst mit der Zeit nicht verschlechtern.

Nach der Anwendung in den Biomüll

Das schafften die Wissenschafter nun mit einer Mischung aus Gelatine, Lösungsmitteln und verschiedenen Zuckerarten. Damit erzielten sie Ergebnisse, die sonst nur Silikon-Elastomere erbringen, heißt es. Ein weiterer Vorteil gegenüber diesen sei, dass die Linzer Mixtur nach der Anwendung im Biomüll entsorgt werden könne.

Dazu kommt, dass das Material Wasser beinhaltet und daher mit anderen wasserlöslichen Materialen wechselwirken kann, es aber selbst kaum durch die Anwesenheit anderer Flüssigkeiten verändert werde. Das mache das Biogel etwa zum vielversprechenden Träger von elektronischen Analysegeräte, die direkt auf der Haut getragen werden können, ohne dass diese die Beweglichkeit einschränken.

Kinderspielzeug bis Roboterhände

Im Bereich der Robotik hat das Forschungsteam einen künstlichen Elefantenrüssel gebaut, der sich von einem elektrischen Exoskelett umfasst Hunderttausende Male hin und herbewegen lässt, ohne dabei kaputt zu werden. Für die Wissenschafter reichen die Möglichkeiten für den Einsatz ihres Gels von sicheren Kinderspielzeugen, technischer Unterstützung in der medizinischen Rehabilitation bis hin zu Greifhänden, etwa für Ernteroboter, die nach ihrem Einsatz bedenkenlos entsorgt werden können.

Das Material, das sich laut den Entwicklern auch durch einfache Verarbeitung bei geringen Produktionskosten auszeichnet, soll nun durch die Verarbeitung mit industriellen Fertigungsmethoden noch belastbarer werden. In weiterer Folge sollen auf dieser Basis dann "komplexere Roboter mit Sensorhäuten" entstehen. (red, APA, 17.6.2020)