Wegen des hohen Verwaltungsaufwands hat der Wiener Gastro-Gutschein für manche Wirte einen schalen Beigeschmack.
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Die Vorfreude der meisten Wiener war groß, als Mitte Mai Gutscheine für die Gastronomie angekündigt wurden. Jeder Singlehaushalt soll 25 Euro erhalten, alle anderen das Doppelte – wobei auch Kinder zählen. Allerdings könnte gerade der Lieblingswirt nicht an der bis zu 40 Millionen Euro schweren Aktion teilnehmen, denn die Gastronomen stöhnen unter den bürokratischen Auflagen für die Abwicklung und Verrechnung der Gutscheine.

Seit Montag können sich die insgesamt 6500 Wiener Gastronomen dafür auf einer Homepage registrieren, bis Dienstagnachmittag haben laut Angaben der Stadt etwa 600 davon Gebrauch gemacht. Wie viele es sein werden, wenn die Stadt ab nächsten Montag die Gutscheine an die rund 950.000 Wiener Haushalte verschickt, bleibt abzuwarten. Fachgruppenobmann Peter Dobcak von der Wiener Wirtschaftskammer ist zwar "grundsätzlich froh" über die Aktion, die Bandbreite der Reaktionen der Gastronomen reiche von "super Sache" bis "sicher nicht". Wegen der komplizierten Abwicklung würden etliche nicht teilnehmen.

Gäste sollten also zunächst abklären, ob der jeweilige Betrieb die Gutscheine überhaupt annimmt. Trifft dies zu, können damit Speisen und alkoholfreie Getränke bezahlt werden. Gäste haben keinen Anspruch auf Retourgeld, sollte die Rechnungssumme unter dem Gutscheinbetrag liegen. Nicht inbegriffen sind alkoholhaltige Getränke und andere Waren wie Zigaretten sowie Gedeck oder Trinkgeld – Rechnungen mit solchen Posten lehnt die Stadt ab.

Noch mehr Aufwand

Um dies zu vermeiden, müssen Gastronomen laut Fachgruppenobmann Dobcak zwei separate Rechnungen anlegen, sollte sich ein Wiener zu seinem Gutscheinschnitzerl ein Bier bestellen, zudem beklagt er, dass teilnehmende Betriebe jeden Gutschein auf einer Homepage auf Gültigkeit überprüfen müssten – was in der Praxis zu zusätzlichem Aufwand führe. "Der Versuch, Missbrauch zu verhindern, endet meistens in exzessiver Bürokratie", sagt Dobcak. Gültige Gutscheine werden für drei Tage gesperrt, innerhalb derer der Gastronom diese bei der Stadt einlösen muss, andernfalls wird die Sperre wieder aufgehoben und der Wirt trägt das Missbrauchsrisiko. Zudem müssen eingelöste Gastro-Gutscheine im Original samt Rechnungskopie drei Jahre aufbewahrt werden.

Im Büro des zuständigen Stadtrats Peter Hanke sieht man den bürokratischen Aufwand für die Abwicklung als angemessen an – anders als ein Wiener Gastwirt, der nicht namentlich genannt werden will. Er wägt noch ab, ob er an der Aktion teilnehmen soll. Positiv hebt er hervor, dass die Stadt die Gutscheine innerhalb einer Woche begleichen will.

Ein Innenstadt-Gastronom, der ebenfalls anonym bleiben will, kritisiert hingegen, dass er die Nutzungsbedingungen der Gutscheinaktion erst nach der Registrierung auf der entsprechenden Homepage erhalten habe, "Da kauft man die Katze im Sack", sagt er – zumal man nach erfolgter Registrierung verpflichtet ist, die Gutscheine während der bis Ende September laufenden Aktion auch anzunehmen. Daran teilgenommen hätte er aber ohnedies, denn: "Man steht als Wirt mit dem Rücken zur Wand. Meine Gäste verlangen es einfach." (Alexander Hahn, 16.6.2020)