Die deutsche Lufthansa steckt durch die Coronavirus-Pandemie in einer schwerwiegenden Krise.

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Berlin/Frankfurt – Gut eine Woche vor der für die Lufthansa-Rettung entscheidenden Hauptversammlung stellt ein Großaktionär das staatliche deutsche Finanzpaket infrage. Der Münchner Unternehmer Heinz Hermann Thiele erklärte in einem Interview mit "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Mittwoch, er habe seinen Anteil an der Lufthansa weiter erhöht. "Am Montagabend habe ich die meldepflichtige Schwelle von 15 Prozent überschritten, die nun auch offiziell mitgeteilt wird." In dem Interview fordert Thiele, den Rettungsplan für die Fluggesellschaft mit dem Einstieg des Staates nachzuverhandeln.

Thiele wehrt sich vor allem gegen die vorgesehen Aktienbeteiligung von 20 Prozent an Europas größter Fluglinie, die der Staat im Rahmen der Finanzspritze von bis zu neun Milliarden Euro erhalten soll. "Die Lufthansa braucht für Sanierung und Gesundung keine Staatsbeteiligung", sagte der Unternehmer. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni müssten die Aktionäre der dafür notwendigen Kapitalerhöhung mit einer Dreiviertelmehrheit zustimmen. Um das Rettungspaket war wochenlang gerungen worden. Die EU-Kommission verlangt für ihre wettbewerbsrechtliche Freigabe, dass die Lufthansa Start- und Landerechte an den Drehkreuzen Frankfurt und München abgibt.

Thiele hofft auf Änderung des Deals

"Die Aufstockung ist kein Signal, auf der Hauptversammlung gegen irgendetwas zu stimmen", sagte Thiele, ergänzte aber, er habe sich zu den HV-Beschlüssen noch keine abschließende Meinung gebildet. Der Großaktionär könnte mit 15 Prozent bei einer geringen Präsenz auf der Hauptversammlung eine Zustimmung verhindern.

"Ich werde aber sicherlich hier nicht blockieren oder ausbremsen. Ich hoffe vielmehr, dass noch im Vorfeld etwas bewirkt und in Bewegung gebracht werden kann", sagte Thiele der Zeitung weiter. Er kritisierte, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr nicht intensiv genug mit dem Staat verhandelt habe. Außerdem stört er sich daran, dass die Lösung als alternativlos dargestellt werde und die Aktionäre zu wenig Zeit hätten, sich mit der komplexen Materie zu beschäftigen.

Thiele: "Insolvenz nicht ausschließen"

Thiele bezweifelt, dass bei einem Scheitern des Pakets eine Insolvenz mit einem Totalverlust droht, wie es ihm Spohr in Telefonaten erklärt habe. "Meines Erachtens sind nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden." Thiele ist vor allem die direkte Staatsbeteiligung ein Dorn im Auge, obwohl die Regierung nach der Vereinbarung ihr Stimmrecht nicht ausüben will und die Lufthansa selbst die staatlichen Aufsichtsratsvertreter aussuchen soll. Der Großaktionär geht davon aus, dass die Politik bei einem Abbau tausender Arbeitsplätze durch "umfangreicheren sozialen" Ausgleich die Sanierung der Lufthansa erschweren wird. Der Staat solle sich auf die Finanzhilfe beschränken, "minimalinvasiv" vorgehen und nicht in die Rolle eines renditeorientierten Investors hineinwachsen.

Als Kompromiss führt Thiele eine indirekte Staatsbeteiligung über die Förderbank KfW an. Der Vorteil aus seiner Sicht: "Die hält sich zurück und befolgt strikte Regeln." Auch eine Insolvenz der Lufthansa dürfe man nicht ausschließen. "Es könnten sich daraus ebenso neue Möglichkeiten ergeben, auch wenn natürlich das Risiko steigt." (Reuters, 17.6.2020)